Taschendiebe: Die Schwächsten der Gesellschaft als Opfer
Berlin/Wien (APA/dpa) - Der als „König der Taschendiebe“ titulierte Österreicher Charly Borra tritt seit fast vier Jahrzehnten auf Bühnen un...
Berlin/Wien (APA/dpa) - Der als „König der Taschendiebe“ titulierte Österreicher Charly Borra tritt seit fast vier Jahrzehnten auf Bühnen und im Zirkus auf, in den kommenden Monaten im Variete Tigerpalast in Frankfurt. Der Endsechziger hielt auch Schulungen für Polizisten ab und schaffte es bei einem Seminar in Wien einst, einem Polizei-Vizepräsidenten die Krawatte zu entwenden, ohne dass der das gleich bemerkte.
Taschendiebstahl ist ein Massendelikt: Die Wiener Kriminalstatistik wies für das Jahr 2013 rund 22.000 derartige Delikte aus. In einem Interview mit der dpa gab Borra Präventionstipps.
Frage: Wie gehen professionelle Taschendiebe vor?
Antwort: Es ist ja so, dass die Taschendiebe immer die Schwächsten der Gesellschaft beklauen. Sie beobachten sehr gut und wenn dann der richtige Moment da ist, dann wird das Opfer abgelenkt mit Stoßen, Rempeln und so weiter. Taschendiebe arbeiten selten alleine, meistens in Gruppen.
Frage: Wie wehrt man sich?
Antwort: Man sollte möglichst schauen, dass man sich eine Intimsphäre schafft, um andere auf Abstand zu halten im Gedränge. Und immer beobachten, was passiert. Dazu schärft man seine Instinkte, wieder Hören und Schauen zu lernen, ist wichtig.
Frage: Reicht das schon?
Antwort: Man sollte so wenig wie möglich bei sich tragen. Bargeld und Portemonnaie gibt man besser in die Vordertasche, da ist man empfindlicher. Eine Frau sollte nur das Nötigste in die Handtasche nehmen und sie quer über die Schulter hängen. Die Hand unter der Schulter sollte die Tasche fixieren. Wenn jemand zudringlich wird, sollte man ihn laut anschreien, voll laut schreien.
Frage: Erkennen Sie aktive Taschendiebe, wenn Sie in Großstädten unterwegs sind?
Antwort: Es gibt typische Diebe. Die suchen sich ihre Opfer gezielt aus, genauso wie ich auf der Bühne. Ich bemerke sie oft schon, wenn sie umherblicken und ihre Beute suchen. Südamerikaner sind zum Beispiel extrem schnell und geschickt.
Frage: Wie gehen Sie auf der Bühne vor, lenken Sie ihr Opfer auch ab?
Antwort: Ja, aber auf eine andere Art und Weise. Ich muss das bühnengerecht machen und das Publikum integrieren in die ganze Geschichte. Da ist viel Psychologie verlangt, Schnelligkeit, Ablenkungsmanöver. Und es muss elegant sein, es darf nicht plump sein. Und wenn mir Fehler unterlaufen: Das Publikum kann unbarmherzig sein.
Frage: Was bringen Sie Polizisten auf Vorführungen und Schulungen bei?
Antwort: Ich zeige Polizisten die Sichtweise eines Diebes. Ein guter Polizist muss wie ein Dieb denken können, wenn er einen fangen will. Der Kriminalbeamte muss ein Dieb werden. Wenn man eine Diebesgruppe verfolgt, darf man nie Blickkontakt mit diesen Leuten haben. Die Diebe haben einen sechsten Sinn. Wenn man sie anschaut, fühlen sie das und verschwinden.