Vier mutmaßliche Islamisten ab Montag in Düsseldorf vor Gericht

Düsseldorf (APA/AFP) - Montag, 10. Dezember 2012, Hauptbahnhof Bonn: Gegen 13.00 Uhr stellt ein Mann auf dem belebten Bahnsteig 1 eine blaue...

Düsseldorf (APA/AFP) - Montag, 10. Dezember 2012, Hauptbahnhof Bonn: Gegen 13.00 Uhr stellt ein Mann auf dem belebten Bahnsteig 1 eine blaue Sporttasche ab. In dem Gepäckstück befindet sich eine Rohrbombe, die - wie die Ermittlungen später ergeben werden - gegen 13.30 Uhr explodieren soll. Doch der Anschlag schlägt fehl, der Sprengsatz detoniert nicht.

Heute sind die Ermittler sicher: Der Mann mit der Tasche war der mutmaßliche Islamist Marco G., und er wollte mit der Bombe möglichst viele Menschen töten.

Von Montag an muss sich der deutsche Staatsbürger G. gemeinsam mit drei weiteren Angeklagten aus dem islamistischen Spektrum vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht verantworten. Das Quartett soll laut Anklage eine Terrorgruppe gebildet haben, die Anschläge in Deutschland begehen wollte - als gewaltsame Reaktion auf Provokationen der ultrarechten und islamfeindlichen Partei Pro NRW im nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf 2012.

Während die Bundesanwaltschaft den Anschlagsversuch auf dem Bonner Hauptbahnhof alleine dem heute 27-jährigen G. anlastet, sollen die vier Angeklagten gemeinsam Schusswaffen- und Sprengstoffattentate auf Pro-NRW-Politiker geplant haben. Aktivisten der rechten Partei hatten zuvor wiederholt vor Moscheen demonstriert und dabei Mohammed-Karikaturen gezeigt. Deswegen sollen die vier Angeklagten ab Februar 2013 - also wenige Wochen nach dem fehlgeschlagenen Bonner Anschlag - den Pro-NRW-Vorsitzenden Markus Beisicht ins Visier genommen haben.

Beeinflusst wurden sie dabei laut Anklage unter anderem durch eine Audiobotschaft der „Islamischen Bewegung Usbekistan“ (IBU) mit dem Titel „Tod der Pro NRW“. Nach Erkenntnissen der Ermittler spähten die Angeklagten Beisichts Wohnort in Leverkusen aus, beschafften sich Schusswaffen, Schalldämpfer und Sprengstoff und legten als Zeitpunkt des Attentats den frühen Morgen des 13. März 2013 fest.

Doch wenige Stunden vorher schlug die Polizei zu: Marco G. und der Albaner Enea B. wurden in der Nacht zum 13. März 2013 bei einer Ausspähfahrt in Leverkusen festgenommen. Ihre mutmaßlichen Mittäter, der Deutsch-Türke Koray D. und der Deutsche Tayfun S., machte die Polizei in Bonn und Essen dingfest.

Die Ermittler wussten Medienberichten zufolge schon seit längerem von den Attentatsplänen des Quartetts, weil sie dessen Telefonate abgehört hatten. Im Zuge der weiteren Nachforschungen tauchten schnell Indizien dafür auf, dass G. auch für den gescheiterten Bombenanschlag im Bonner Hauptbahnhof verantwortlich sein könnte. Dass die selbstgebaute Rohrbombe in der Sporttasche damals nicht explodierte, könnte den Ermittlern zufolge der „instabilen Zündvorrichtung“ zu verdanken sein.

Damit entgingen die Menschen im Bonner Hauptbahnhof womöglich nur knapp einer Katastrophe. „Im Falle seiner Explosion hätte der Sprengsatz tödliche Wirkung für die Menschen auf dem Bahnsteig entfaltet“, erklärte die Bundesanwaltschaft bei der Anklageerhebung gegen die vier mutmaßlichen Täter im vergangenen März.

Nach dem gescheiterten Anschlag von Bonn muss sich G. nun vor dem Düsseldorfer Staatsschutzsenat wegen Mordversuchs und versuchten Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion verantworten. Dem 27-jährigen Bonner droht damit bei einem Schuldspruch lebenslange Haft. Im Zusammenhang mit den geplanten Attentaten auf Pro-NRW-Vertreter wirft die Bundesanwaltschaft den vier Angeklagten die Bildung einer inländischen Terrorvereinigung, Verabredung zum Mord und einen Verstoß gegen das Waffengesetz vor. Dafür sieht das Gesetz Haftstrafen bis zu 15 Jahren vor.

In ihren bisherigen Vernehmungen schwiegen die mutmaßlichen Täter zu den Vorwürfen. Für den Prozess im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Gerichts hat der Strafsenat zunächst mehr als 50 Verhandlungstage bis zum April 2015 anberaumt.