Standort Tirol

Eltern mit Matura: Kinder mehr Chancen

Kinder aus bildungsnahen Schichten haben Vorteile in der Schule und damit bessere Berufschancen. Auch in Tirol.

Von Brigitte Warenski

Innsbruck, Linz –Die jüngsten Arbeitslosenzahlen (die TT berichtete) zeigen in Tirol einen Anstieg der Arbeitslosigkeit von 8,7 Prozent im August im Vergleich zum Vorjahr. Auch wenn damit Tirol unter dem Österreichschnitt (11,1 Prozent) liegt, gibt es keinen Grund aufzuatmen. Am heimischen Arbeitsmarkt dürfte sich auch in der nahen Zukunft die Lage kaum bessern. „Betrachtet man die Konjunktur- und Arbeitslosigkeitsprognose der Wirtschaftsforschungsinstitute WIFO und IHS, gibt es hier wenig Hoffnung“, sagt Heinz Leitgöb vom Institut für Soziologie der Johannes-Kepler-Universität Linz.

Auch wenn das Arbeitsmarktservice Tirol zumindest Anlass für Optimismus bei der Jugendarbeitslosigkeit sieht, dämpft Leitgöb zu große Erwartungen. „Das zentrale Problem ist die allgemeine Knappheit an Arbeitsplätzen und die Rekordarbeitslosigkeit, mit der wir seit Neuestem auch in Österreich konfrontiert sind. Eine differenzierte Betrachtung der Entwicklung der Jugendarbeitslosigkeit in den vergangenen Jahren zeigt, dass gerade der Anstieg bei den jungen Erwachsenen (20–24 Jahre) ein ernstzunehmendes Problem darstellt.“ Diese Knappheit an Arbeitsplätzen führt dazu, dass es besonders für junge Menschen mit geringer Bildung immer schwieriger wird, einen Job zu finden. „Das zeigt sich daran, dass das Arbeitslosenrisiko von Personen mit maximal Pflichtabschluss circa dreimal so hoch ist wie für Personen mit Berufsausbildung.“ Doch in den Genuss einer höheren Bildung kommen in Österreich und damit auch in Tirol vor allem Jugendliche aus bildungsnahen Schichten. Während beispielsweise 75 Prozent der 15- bis 16-Jährigen, deren Eltern eine Matura als höchsten Bildungsabschluss aufweisen, eine maturaführende Schule besuchen, reduziert sich der Anteil auf 23 Prozent, wenn die Eltern höchstens eine Pflichtschule abgeschlossen haben, zeigt eine Studie, an der Leitgöb mitgeschrieben hat.

„Die soziale Herkunft der Schüler wirkt sich in Österreich auch wesentlich stärker auf die Bildungspartizipation aus als andere Ungleichheitsdimensionen wie Migrationshintergrund, Geschlecht oder Wohnort“, erklärt Leitgöb. Die Studie zeigt auch, dass es Leistungsunterschiede zwischen Jugendlichen aus bildungsnahen und bildungsfernen Familien bzw. aus Familien mit Migrationshintergrund gibt. Warum die Leistung sich unterscheidet, hat oft ganz simple Gründe. „Wenn beispielsweise Eltern über höhere Bildung verfügen, können sie direkt ihren Kindern bei Schulaufgaben helfen. Bei entsprechend hohem Einkommen ist es auch möglich, für das Kind Nachhilfe in Anspruch zu nehmen, und schließlich kennt man in höheren sozialen Schichten meistens jemanden im Bekanntenkreis, der um Hilfe gefragt werden kann.“ Diese Ungleichheit beginnt in vielen Fällen laut Leitgöb aber nicht erst in der Schule, „sondern vor dem Einstieg in die Schule und damit bei der frühkindlichen Bildung“. Im beruflichen Alltag tun sich laut neuester OECD-Studie klarerwiese auch die Menschen schwer, die nur eine niedrige Lese- und Schreibkompetenz haben. In Österreich gibt es laut Studie immerhin rund eine Million Menschen, die nicht gut lesen können, und das führt zu Beeinträchtigungen in Beruf und Alltag. Auch beim Analphabetismus zeigt sich, dass besonders Menschen mit maximal Pflichtschulabschluss Defizite haben: Jeder Dritte tut sich in dieser Gruppe schwer beim Lesen.

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