NATO-Gipfel in Wales

NATO beschließt „Speerspitze“ für Eingreiftruppe im Osten

Die NATO lässt in der Ukraine-Krise Worten Taten folgen: Das Bündnis schickt mehr Soldaten an seine östlichen Grenzen und baut eine sehr schnelle, mehrere Tausend Mann starke Kampfeinheit auf. Auf die gescheiterte Partnerschaft mit Russland folgt wieder Abschreckung.

Newport – Die NATO hat als Antwort auf das Eingreifen Russlands in der Ukraine-Krise einen Plan für eine verstärkte Präsenz in Osteuropa beschlossen. „Heute haben wir uns geeinigt, eine Speerspitze innerhalb unserer schnellen Eingreiftruppe zu schaffen“, sagte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Freitag beim NATO-Gipfel im walisischen Newport.

Die „Speerspitze“ soll „mehrere tausend“ Mann zu Boden, Luft sowie Spezialkräfte binnen weniger Tage mobilisieren können. Jeden potenziellen Angreifer solle klar sein, dass er dann auf NATO-Truppen stoßen würde, sagte Rasmussen. Insgesamt ist eine Truppenstärke von rund 5.000 Mann angedacht, fügte der polnische Präsident Bronislaw Komorowski hinzu.

Es handelt sich dabei nicht um eine dauerhafte Stationierung von NATO-Truppen, sondern um eine Art „Bereitschaftsarmee“. Anders als die bisherigen schnellen Eingreiftruppen, deren Einsatz eine Vorlaufzeit von bis zu sechs Monaten hat, soll diese binnen zwei bis drei Tagen gefechtsbereit sein. Dies setzt aber voraus, dass alles andere schon vorbereitet ist. Fahrzeuge, Waffen, Munition und andere Ausrüstung müssen in den möglichen Einsatzländern bereits gelagert und jederzeit verwendbar gehalten werden.

NATO hält an Grundlagenvertrag mit Russland fest

Ungeachtet der Spannungen mit Moskau hält die NATO aber an ihren Grundlagenvertrag mit Russland fest. „Wir haben keine Entscheidung getroffen, uns von der NATO-Russland-Akte abzuwenden“, sagte Rasmussen.

Vor dem Treffen hatten vor allem Länder des Baltikums und Polen die 1997 besiegelte NATO-Russland-Grundakte infrage gestellt. Der Vertrag verbietet unter anderem die dauerhafte Stationierung von „substanziellen Kampftruppen“ in den neuen NATO-Ländern in der Mitte und im Osten Europas.

Trendwende zu höheren Verteidigungsetats

Der NATO-Gipfel hat außerdem ein Bekenntnis zu höheren Verteidigungsausgaben der Staaten der Allianz gebracht. „Wir haben beschlossen, den Trend zu immer geringeren Verteidigungsbudgets umzukehren“, sagte Generalsekretär Rasmussen.

Ziel sei es, sich auf das von der NATO gesetzte Ausgabenziel von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung binnen eines Jahrzehntes hinzubewegen, sagte Rasmussen. Davon sollen 20 Prozent in Ausrüstung gehen. „Das ist keine einfache Ausgabe. Aber es ist klar , in welche Richtung die Reise geht.“ Die NATO werde jedes Jahr die Verteidigungsausgaben überprüfen, das Thema bleibe auf der Agenda.

Der designierte nächste NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der am 1. Oktober das Amt von Rasmussen übernimmt, bezeichnete die Allianz als eine „Familie mit gemeinsamen Werten“, die eine Milliarde Bürger zu verteidigen habe. „Wir müssen uns weiter einsetzen für diese Werte.“ Dazu seien politische und finanzielle Investitionen in die NATO erforderlich. Russlands Aktionen in der Ukraine seien „ein Wachruf“, sagte Rasmussen, das Sicherheitsumfeld habe sich geändert. (dpa, APA)