Rebellen und Ukraine vereinbaren Waffenruhe - NATO rüstet auf

Mariupol/Minsk/Newport (APA/Reuters/AFP/dpa) - Im weißrussischen Minsk haben sich Unterhändler der Ukraine und pro-russischer Rebellen am Fr...

Mariupol/Minsk/Newport (APA/Reuters/AFP/dpa) - Im weißrussischen Minsk haben sich Unterhändler der Ukraine und pro-russischer Rebellen am Freitagnachmittag auf eine Waffenruhe geeinigt. Wie die Agentur Interfax berichtete, soll sie um 17.00 Uhr MESZ in Kraft treten, vorerst hielten die Gefechte an. Die NATO beschloss vor dem Hintergrund des Konflikts die Schaffung einer „Speerspitze“ von rund 5.000 Soldaten für ihre schnelle Eingreiftruppe.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko muss die Feuerpause für die Regierungstruppen noch anordnen. Das hatte er für den Fall einer Einigung in Minsk angekündigt. Auch die Rebellen im Osten der Ukraine erklärten im Vorfeld des Treffens ihre grundsätzliche Bereitschaft zu einer Waffenruhe. Experten gehen dennoch davon aus, dass angesichts komplizierter Befehlsketten auf beiden Seiten des Konflikts eine Umsetzung der Waffenruhe nicht einfach werden könnte. Vereinbart wurde in Minsk dem Vernehmen nach auch ein Austausch von Gefangenen.

Auch kurz nach Beginn des Treffens der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe unter Vermittlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatten die Kämpfe in der ostukrainischen Region Donbass zuvor mit unverminderter Härte angehalten.

Keine Bestätigung gab es für Meldungen, wonach die Rebellen in die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol eingedrungen sind, die in den vergangenen Tagen heftig umkämpft war. Die Armee habe die Stadt am Asowschen Meer weiterhin vollkommen unter Kontrolle, dementierte das Verteidigungsministerium in Kiew entsprechende Aussagen pro-russischer Separatisten. Vielmehr habe man sogar einige Stellungen der Rebellen zurückerobern können.

Vertreter der Separatisten sagten der Agentur Interfax, dass bei den Kämpfen um Mariupol am Donnerstag rund 50 ukrainische Soldaten getötet oder verwundet worden seien. Drei seien gefangen genommen worden. Der ukrainische Geheimdienst geht nach Angaben aus dem ukrainischen Verteidigungsministerium davon aus, dass seit Beginn des Konfliktes rund 2.000 russische Soldaten im Osten des Landes getötet worden sind. Angaben die freilich nicht überprüft werden können, Moskau bestreitet die Präsenz russischer Truppen vehement.

Auch nahe des Flughafens von Donezk wurde einem Reuters-Reporter zufolge in den Vormittagsstunden gekämpft. Dort kommt es seit Tagen immer wieder zu heftigen Kämpfen. Bereits Anfang der Woche gaben die Separatisten bekannt, kurz vor dessen Eroberung zu stehen.

Bei ihrem Gipfel in Newport beschloss die NATO unterdessen die Schaffung einer sogenannten Speerspitze für ihre schnelle Einsatztruppe, wie NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Freitag vor Journalisten sagte. Diese solle „mehrere tausend“ Mann zu Boden, Luft sowie Spezialkräfte binnen weniger Tage mobilisieren können. Insgesamt ist eine Truppenstärke von rund 5.000 Mann angedacht, fügte der polnische Präsident Bronislaw Komorowski hinzu.

Jeden potenziellen Angreifer solle klar sein, dass er dann auf NATO-Truppen stoßen würde, sagte Rasmussen. Ungeachtet der Spannungen mit Moskau will das Verteidigungsbündnis jedoch an seinem Grundlagenvertrag mit Russland festhalten, fügte der Generalsekretär hinzu. Vor dem Treffen hatten vor allem Länder des Baltikums und Polen die 1997 besiegelte NATO-Russland-Grundakte infrage gestellt. Der Vertrag verbietet unter anderem die dauerhafte Stationierung von „substanziellen Kampftruppen“ in den neuen NATO-Ländern in der Mitte und im Osten Europas.

Dies dürfte auch der Hauptgrund sein, warum sich die NATO zur Schaffung der „Speerspitze“ entschlossen hat. Es handelt sich dabei nicht um eine dauerhafte Stationierung von NATO-Truppen, sondern um eine Art „Bereitschaftsarmee“. Anders als die bisherigen schnellen Eingreiftruppen, deren Einsatz eine Vorlaufzeit von bis zu sechs Monaten hat, soll diese binnen zwei bis drei Tagen gefechtsbereit sein. Dies setzt aber voraus, dass alles andere schon vorbereitet ist. Fahrzeuge, Waffen, Munition und andere Ausrüstung müssen in den möglichen Einsatzländern bereits gelagert und jederzeit verwendbar gehalten werden.

In Brüssel sind EU-Botschafter am Freitagnachmittag erneut zu Beratungen über eine Verschärfung der Sanktionen gegenüber Russland zusammengekommen. Bereits Mittwoch und Donnerstag hatte es dazu Sitzungen gegeben. Wann konkret eine Entscheidung der EU-Staaten, also des Rates, erfolgt, war zunächst nicht klar. Details der neuen Vorschläge sind bisher nicht bekannt. Die Kommission erklärte lediglich, es gehe um vier Bereiche - Verteidigung, Finanzmarkt, sensible Technologien sowie duale Güter für die zivile und militärische Nutzung.

Trotz der Kämpfe will die EU Diplomaten zufolge dem russischen Präsidenten Wladimir Putin rund eine Woche Zeit für die Umsetzung des Friedensplans geben. Die EU-Botschafter sollten zwar ein fertiges Sanktionspaket ausarbeiten. Einem Diplomaten zufolge könne aber auf die Strafmaßnahmen verzichtet werden, wenn die Waffenruhe halten sollte.

(Grafik 1064-14, Format 88 x 125 mm)

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