„Das Nordlicht von Döllersheim“: Buch zu NS-Zwangsaussiedlung in NÖ
Allentsteig (APA) - Im Buch „Das Nordlicht von Döllersheim“ hat Autorin Ilse Krumpöck Erinnerungen von Maria Geisberger, die im Schuljahr 19...
Allentsteig (APA) - Im Buch „Das Nordlicht von Döllersheim“ hat Autorin Ilse Krumpöck Erinnerungen von Maria Geisberger, die im Schuljahr 1939 wegen der Errichtung des heutigen Truppenübungsplatzes Allentsteig (Bezirk Zwettl) ihre Heimat verlassen hatte müssen, verarbeitet. Die Fakten beruhen auf einem Gedächtnisprotokoll der 87-jährigen „Aussiedlerin“ aus Döllersheim.
42 Dörfer wurden damals im Waldviertel geräumt und 7.000 Menschen vertrieben, um Adolf Hitlers Truppenübungsplatz Döllersheim Platz zu machen. Auch dessen Großmutter Anna Maria Schickelgruber und sein Vater Alois stammten von hier.
Bis heute wird das Areal vom Bundesheer genutzt. Im Juli 1957 stellte eine Historikerkommission im Auftrag der Bundesregierung fest, dass „Enteignungen oder sonstige Erwerbungen zu militärischen Zwecken, die ja in allen Staaten üblich sind, keine typisch nationalsozialistische Erwerbsart darstellen und daher auch nicht als Entziehung gewertet werden“.
Alle 650 privaten Rückstellungsanträge wurden daher negativ beantwortet, nur der Stipendienstiftung Windhag, die vom niederösterreichischen Landeshauptmann verwaltet wird, und dem Stift Zwettl wurden Ablösen bezahlt und Gebiete restituiert. „Diese Ungleichbehandlung ist völkerrechtswidrig. Ich möchte mit meinem Buch dazu beitragen, dass die Republik dieses schreiende Unrecht an den Nachfahren wieder gutmacht“ so Autorin Krumpöck in einer Aussendung.
Denn für die bäuerliche Bevölkerung des Waldviertels war die Zwangsaussiedlung ein Schock. „Es ist ein Unterschied, ob man freiwillig von daheim weggeht oder ob man vertrieben wird“, hielt die betroffene Waldviertlerin ihre Erinnerungen viele Jahre später handschriftlich fest. In einer Art Geheimbuch schilderte sie die traumatisierenden Erlebnisse aus der Sicht als damals Elfjährige. Über den Tag der Umsiedlung notierte die Bäuerin: „Meine Mutter hat in diesen Tagen viel geweint. Besonders, als es ans Zusammenpacken ging. In ‚Gott‘s Nam‘ sind wir weggezogen und wieder in ‚Gott‘s Nam‘ haben wir in der neuen Heimat angefangen.“
Als Entschädigung erhielten die damaligen Bewohner einen knappen Betrag zum Erwerb eines neuen Hofes. Die meisten von ihnen blieben im Waldviertel. Einige bezogen arisierte Häuser, die nach dem Krieg wieder restituiert wurden, so dass den Vertriebenen am Ende gar nichts mehr blieb.
Das Buch ist im Verlag Edition Innsalz erschienen. Darin finden sich auch viele historische Fotos des devastierten Gebiets.
(S E R V I C E - „Das Nordlicht von Döllersheim“ von Ilse Krumpöck, Edition Innsalz, 312 S., 20 Euro, www.edition-innsalz.at )