Wendejahr 1989 - Rumänien: Blutiges Ende von Diktator Ceausescu

Europa-weit/Bukarest (APA) - Rumänien war einer der letzten Ostblock-Staaten, die 1989 die Wende vollzogen haben. Das Balkanland war zudem d...

Europa-weit/Bukarest (APA) - Rumänien war einer der letzten Ostblock-Staaten, die 1989 die Wende vollzogen haben. Das Balkanland war zudem der einzige kommunistische Staat, in dem das „Wunderjahr“ blutig verlief. Langzeit-Diktator Nicolae Ceausescu wurde nach seinem Sturz zu Weihnachten 1989 hingerichtet.

Die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem Regime von Diktator Ceausescu hatte sich seit Anfang der 70er-Jahre allmählich aufgestaut und Ende der 80er-Jahre einen Höhepunkt erreicht. Die Wirtschaftspolitik von Ceausescu, die in den letzten Jahren auf die Rückzahlung der Auslandsschulden in Höhe von 11,8 Milliarden Dollar konzentriert worden war, hatte ein straffes Regime und eine katastrophale Versorgungslage der Bevölkerung zur Folge.

Begleitet wurde diese Politik von der Megalomanie des Diktators, der gigantische Bauten errichten ließ, und dem Persönlichkeitskult um ihn und seine Familie. Hinzu kam noch die Omnipräsenz der Geheimpolizei Securitate, die aus Rumänien einen Polizeistaat machte.

Im Bereich der Außenpolitik hatte Ceausescu stets auf die Unabhängigkeit von der Sowjetunion gepocht, wofür er jahrelang trotz seines innenpolitischen Terrorregimes vom Westen hofiert worden war. Doch von den Reformen des sowjetischen Staats- und Parteichefs Michail Gorbatschow, die bereits in ganz Osteuropa Auswirkungen hatten, wollte Ceausescu nichts wissen. Dies zeigte sich auch beim 14. Parteikongress in der zweiten Novemberhälfte 1989, auf dem Ceausescu seinen bisherigen Kurs bestätigte, obwohl die Berliner Mauer schon gefallen war.

Der Sturz des Diktators begann Mitte Dezember 1989 in Temesvar (Timisoara). Am 16. Dezember versammelte sich eine größere Menschenmenge, um gegen die geplante Versetzung des reformierten Pastors Laszlo Tökes, einem führenden Vertreter der ungarischen Minderheit, zu protestieren. Am nächsten Tag drangen die Demonstranten in das Gebäude des Lokalen Parteirates ein. Ceausescu befahl daraufhin den Einsatz der Armee in Temesvar, was zu einem Massaker mit zahlreichen Toten führte.

In den folgenden Tagen weiteten sich die Proteste auch auf andere Städte aus. Am 21. Dezember organisierte Ceausescu eine Massenversammlung vor dem Sitz des Zentralkomitees (ZK) in Bukarest. Die Situation geriet jedoch außer Kontrolle: Nach vereinzelten Buh-Rufen kam es zu Panik und Chaos. Bis zum nächsten Vormittag hatten sich über 100.000 Menschen im Zentrum von Bukarest versammelt, auch in vielen anderen Städten des Landes gab es Massendemonstrationen. Die Ordnungskräfte griffen hart durch: Einheiten der Armee und Spezialeinheiten der Securitate schossen auf die Demonstranten.

Am 22. Dezember jedoch begann sich eine Wende zu vollziehen. Immer mehr Einheiten der Armee fraternisierten mit den Demonstranten. Gegen Mittag flüchtete schließlich das Ehepaar Nicolae und Elena Ceausescu per Hubschrauber vom Dach des ZK-Gebäudes.

In den nächsten Stunden besetzten die Demonstranten die ZK-Zentrale sowie die Gebäude des Fernseh- und Radiosenders. Es begann die Bildung eines neuen Machtzentrums um Ion Iliescu. Dieser ehemalige Studienkollege Gorbatschows war ein hoher Parteiaktivist, der Anfang der 80er-Jahre in Ungnade gefallen war. Schon damals munkelte man, dass Ceausescu in ihm einen potenziellen Rivalen sah, der die Gunst Moskaus genoss.

In der Zwischenzeit hatte sich die Armee vollständig auf die Seite der Demonstranten geschlagen. Auch große Teile der Securitate unterstützten stillschweigend die neuen Machthaber und griffen nicht ein. Trotzdem kam es weiterhin zu Schießereien. Insgesamt starben bei der Revolution in Rumänien über 1.100 Menschen, mehr als 3.100 wurden verletzt.

Das geflohene Ehepaar Ceausescu wurde bald gefangen genommen und auf einen Stützpunkt der Armee in der Nähe der Stadt Targoviste untergebracht. Am 25. Dezember befand ein Militärgericht in einem Schnellprozess die Ceausescus unter anderem wegen „Völkermordes“ für schuldig und ließ sie sofort erschießen.

In den darauffolgenden Tagen und Monaten festigte die „Front zur Nationalen Rettung“ unter Iliescu ihre Macht. Zu den neuen Strukturen gehörten hauptsächlich Mitglieder aus der zweiten und dritten Reihe der KP. Iliescu selbst prägte die ersten beiden Jahrzehnte der jungen rumänischen Demokratie, während denen er insgesamt zehn Jahre lang als Staatspräsident amtierte.

Die Hintergründe der Ereignisse im Dezember 1989 bieten bis heute Stoff für Diskussion. Die Frage, ob es sich um eine Revolution, eine Revolte oder doch einen von ausländischen Geheimdiensten unterstützten Staatsstreich gehandelt hat, ist noch immer nicht endgültig geklärt worden. Ebenso bleibt die Rolle der Securitate sowie zahlreicher KP-Funktionäre bei den Ereignissen weiterhin im Dunkeln.