Atomstreit - „Maulkorberlass“ für Irans Hardliner

Wien (APA) - Während in Genf die Atomgespräche zwischen den fünf UN-Vetomächten plus Deutschland und dem Iran in dieser Woche fortgesetzt we...

Wien (APA) - Während in Genf die Atomgespräche zwischen den fünf UN-Vetomächten plus Deutschland und dem Iran in dieser Woche fortgesetzt werden, hat Irans Oberster Geistlicher Führer, Ayatollah Ali Khamenei, dem Verhandlungsteam rund um Außenminister Mohammad Javad Zarif demonstrativ den Rücken gestärkt. Zudem erließ er für die Hardliner, die das Verhandlungsteam ständig kritisieren, einen „Maulkorberlass“.

„Der Oberste Führer unterstützt das iranische Verhandlungsteam voll und ganz. Jeder scharfe Angriff auf ebendieses ist künftig unzulässig. Wir fordern alle Kräfte auf, Zarif und seine Mannschaft zu unterstützen“, verkündete Ali Akbar Velaylati, langjähriger Außenminister und jetziger außenpolitischer Chefberater Khameneis im Namen des mächtigsten Mannes im Iran, der in allen Belangen das letzte Wort hat.

Solch einen „Maulkorberlass“ für die ultrakonservativen Kräfte, die einer Einigung mit dem Westen skeptisch gegenüberstehen, hatte es in der Islamischen Republik noch nie gegeben. Zudem forderte Khamenei die Widersacher der Regierung von Präsident Hassan Rohani auf, sich zu mäßigen.

Er rief laut iranischen Medien sowohl bei einem Termin mit der Regierung, als auch laut seinem Büro alle politischen Kräfte der Islamischen Republik zu Geschlossenheit auf. Er warnte die Hardliner vor unfairer Kritik und lobte die Errungenschaften der Regierung Rohani ,weil sie die „roten Linien“ beachtet und sich von „Aufruhr“ im Zusammenhang mit den Protesten bei der umstrittenen Wiederwahl von Ex-Präsident Mahmoud Ahmadinejad 2009 distanziert hatte.

Ein Entgegenkommen im mehr als elf Jahre andauernden Atomstreit rund um die umstrittene iranische Urananreicherung, die Wiederbelebung der auf Eis gelegten Beziehungen zu Washington und London und eine Lockerung der strikten Zensur im Inneren sind die Intentionen der Politik der neuen iranischen Führung.

Rohanis primäres Ziel ist es, die schmerzhaften Wirtschaftssanktionen - vorrangig das Öl- und Gasembargo der EU - gegen die Islamische Republik zu beenden. Teheran muss dazu dem Westen glaubhafte und überprüfbare Garantien dafür abgeben, dass sein Atomprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken diene.

Dennoch soll am grundsätzlichen Recht des Iran, ein friedliches Atomprogramm zu betreiben, nicht gerüttelt werden. Der Präsident hofft, durch einen Erfolg bei den Atomverhandlungen seine innenpolitischen Kritiker in die Schranken zu weisen.

Die Deadline für das Interimsabkommen war am 24. November verstrichen und wurde bis zum Juli 2015 verlängert. Rohani hat am Montag angekündigt, die Bevölkerung „sehr bald von den Sanktionen zu befreien“. Denn innenpolitisch hat er sehr hoch gepokert und alles auf die „Atomkarte“ gesetzt.

Gelingt ein endgültiger Deal und erholt sich die schwächelnde iranische Wirtschaft, stärkt dies Rohanis innenpolitische Position und erleichtert seinen Anhängern einen Sieg bei der kommenden Parlamentswahl im Iran. Das Parlament (Majles) wird derzeit von Rohanis Widersachern, den konservativen Kräften, dominiert.

Gelingt Rohani kein außenpolitischer Erfolg in der Atomfrage, dann verliert er sein gesamtes politisches Kapital bei Khamenei.

~ WEB http://www.iaea.org/ ~ APA249 2014-12-15/12:49