Preis der „Männerfreundschaft“: Der Kunstberater und der Milliardär

Essen (APA/dpa) - Der Kunstberater Helge Achenbach stellt seine Beziehung zum Milliardär Berthold Albrecht als „Männerfreundschaft“ dar. „Wi...

Essen (APA/dpa) - Der Kunstberater Helge Achenbach stellt seine Beziehung zum Milliardär Berthold Albrecht als „Männerfreundschaft“ dar. „Wir haben uns sehr gut verstanden“, sagt Achenbach (62), der angeklagt ist, den 2012 gestorbenen Aldi-Erben betrogen zu haben, vor Gericht. Regelmäßig habe Achenbach Albrecht und seine Frau eingeladen, nach dem Essen habe man dann bei einer Zigarette übers Geschäft gesprochen.

Unter Tränen erzählt Deutschlands bekanntester Kunstberater Achenbach auf der Anklagebank im Essener Landgericht von seinem persönlichen und geschäftlichen Verhältnis zu Albrecht. Es ist nicht nur ein Teilgeständnis, sondern auch ein Bericht über eine wohl ungleiche Freundschaft: Hier ein Mann, der nach einem Sozialpädagogikstudium in die Kunstszene kam und eine erfolgreiche Kunstberatung aufbaute, dort der Kaufmann und milliardenschwere Erbe eines Discounter-Imperiums.

Die Staatsanwaltschaft wirft Achenbach vor, Albrecht bei Kunst- und Oldtimerverkäufen um rund 23 Millionen Euro betrogen zu haben. Deshalb steht Achenbach nun vor Gericht. Ausgelöst worden war die Affäre durch eine Strafanzeige von Albrechts Witwe Babette.

Über rund drei Jahre ging Achenbach für Albrecht auf Einkaufstour und verschaffte ihm Kunst von Picasso und Kirchner bis Roy Lichtenstein und Gerhard Richter. Die vereinbarte fünfprozentige Provision deckte die Beschaffungskosten nach Darstellung Achenbachs aber nicht. Denn er habe Albrecht eine risikoreiche Rücknahmegarantie gegeben - mit vier Prozent Verzinsung. Und dann schrieben auch noch die Restaurants Achenbachs, vor denen die berühmten Affen seines Künstlerfreundes Jörg Immendorff standen, Verluste.

So sei es zum „Sündenfall“ gekommen. Bei zwei Bildern von Kokoschka und Kirchner habe er die Einkaufsrechnungen geändert und die Preise eigenhändig nach oben gesetzt. „Collagen“ nannte Achenbach die manipulierten Rechnungen - ein kunstgeschichtlicher Begriff der Technik des Zusammenklebens von unterschiedlichen Papierschnipseln.

Am Ende stand auf der „Collage“, die Achenbach an Albrecht weiterleitete, nicht mehr ein Einkaufspreis von 795.000 Euro, sondern 1,2 Millionen Euro. „Ich weiß, dass das falsch war“, sagt Achenbach. Er glaube, dass Albrecht den Aufschlag sogar akzeptiert hätte, wenn er offen mit ihm darüber geredet hätte. Später sagt Achenbach: „Ich wollte nicht knauserig erscheinen, weil Berthold mir gegenüber immer großzügig war.“

Achenbach gibt auch einen selten offenen Einblick in die intransparente Preisgestaltung und Absprachen zwischen Galerien, Händlern, Künstlern und sogar Museen auf dem überdrehten Kunstmarkt. Bei dem Richter-Gemälde „Maria“, für das Albrecht 4,5 Millionen Euro zahlte, habe er sich den „Gewinn“ in Höhe von 750.000 Euro mit der verkaufenden Galerie geteilt, sagt Achenbach. „Hätte die Fünf-Prozent-Regelung gegolten, hätte ich gar keinen Eigenverdienst gehabt.“ Eine Skulptur von Tony Cragg sei für 400.000 Euro an Albrecht gegangen. Er habe sich mit dem Künstler verständigt, den „Gewinn“ zu teilen. Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft lag der Aufschlag bei fast 200.000 Euro.

Ein weiteres Richter-Gemälde habe Albrecht direkt bei der Galerie gekauft, sagte Achenbach. Dennoch kassierte Achenbach eine Provision - diesmal von der Galerie, denn er habe das Werk abholen und liefern lassen. Am Ende aber lässt ein Satz aufhorchen: Achenbach betont, dass die Kunstsammlung, in die Albrecht insgesamt rund 50 Millionen Euro investiert habe, nach seiner Schätzung heute 80 Millionen wert sei.

Gut ging auch das Geschäft mit Oldtimern - eine Branche, die Achenbach anfangs nicht kannte. „Ich brauchte Beratung und Kontakt, schon damit waren erhebliche Kosten verbunden.“ Doch anders als bei einigen Kunstverkäufen habe er Albrecht die Aufschläge nicht verheimlicht. „Ich habe ihm gesagt, dass es nicht möglich sein wird, die Einkaufspreise weiterzureichen.“ Ferraris, Bugatti, Mercedes kaufte Achenbach ein. Die Freunde dachten sogar über den Bau eines Museums nach. Auch einen Jaguar habe er für Albrechts Ehefrau bestellen sollen. „Er sollte mimosengelb sein.“