Audi zu „Rigoletto“: „Die schwierigste Oper, die ich je gemacht habe“

Wien (APA) - „Das ist die schwierigste Oper, die ich je gemacht habe.“ Es ist nicht irgendein Regisseur, der das sagt, sondern Pierre Audi, ...

Wien (APA) - „Das ist die schwierigste Oper, die ich je gemacht habe.“ Es ist nicht irgendein Regisseur, der das sagt, sondern Pierre Audi, seit 26 Jahren Intendant der Amsterdamer Oper und Gast an vielen Opernhäusern. Und es ist nicht irgendeine Oper, sondern Verdis „Rigoletto“, eines der populärsten Werke der Opernliteratur. Am Samstag gibt Audi damit sein spätes Regie-Debüt an der Wiener Staatsoper.

„Gerade, weil er so erfolgreich ist, ist ‚Rigoletto‘ eines der schwierigsten Stücke im Repertoire. Sehr dunkel, sehr tragisch, aber mit schwarzem Humor - was immer gefährlich ist, denn er könnte einen dazu verführen, das Stück bekömmlicher zu machen“, erklärt Audi im APA-Interview. „Das zu inszenieren ist harte Arbeit, denn wie jedes echte Meisterwerk ist es enorm vielschichtig. Jede Figur hat mehrere Facetten, wie bei einem Shakespeare-Stück. Daher habe ich versucht, die einzelnen Szenen wie Theater zu behandeln, mit echten Konfrontationen der Figuren - sehr natürlich und sehr nahe an der Musik. Glücklicherweise habe ich eine Besetzung, die nicht nur sängerisch erstklassig ist, sondern mit der man bei den Proben auch sehr gut darstellerisch arbeiten kann.“

Piotr Beczala singt den Duca, den herzoglichen Frauenhelden, in dem sich politische Macht und moralische Skrupellosigkeit paaren, Simon Keenlyside seinen Hofnarren Rigoletto, der so lange Teil des bösen Spiels ist, bis seine wohlbehütete Tochter Gilda (Erin Morley) selbst den Nachstellungen des Herzogs zum Opfer fällt. „Der dritte Akt läuft auf ein düsteres Endspiel hinaus, in dem jemand sterben muss.“

Audi lässt die Oper, die nach Victor Hugos Romanvorlage „Le roi s‘amuse“ am französischen Königshof spielen sollte und deren Schauplatz auf Verlangen der Zensur nach Mantua verlegt wurde, in der Renaissance spielen. „Das ist ein sehr interessantes Zeitalter, in dem der Tod eine große Rolle spielt. Einerseits gibt es eine große sexuelle Freizügigkeit, anderseits lässt sich der Tod ohneweiteres kaufen. Ich weiß, man hat mit ‚Rigoletto‘ schon alles Mögliche gemacht, aber ich bin nicht der richtige Regisseur dafür, wenn man die Oper auf dem Mond spielen lassen will oder im Studio einer Reality-TV-Show. Ich bin kein Konzept-Regisseur. Ich habe keine ‚Marke‘, keinen Stil, für den man mich engagiert. Ich versuche das zu erzählen, was mich persönlich an einer Geschichte interessiert. Und ich versuche, es dem Publikum möglichst einfach zu machen, dieser Geschichte zu folgen.“

Eine große Stiege werde es geben, schließlich werde eine Geschichte von Aufstieg und Fall erzählt, und ein Labyrinth, in dem die Seelenwindungen samt ihrer dunkelsten, geheimsten Bereiche widergespiegelt seien. Es ist - nach „Jerusalem“ und „Attila“ - erst seine dritte Verdi-Inszenierung und sein erster „Rigoletto“. „Ich habe aber sehr viele ‚Rigoletto‘-Inszenierungen gesehen und kenne das Werk daher ziemlich gut“, sagt der gebürtige Libanese, der 1988 im Alter von 31 Jahren die Leitung der Amsterdamer Oper übernahm.

In Amsterdam hat er heute einen unbefristeten Vertrag, der ihm größtmögliche Gelassenheit sichert. „Das ist eine wunderbare Sache. Man muss nichts forcieren und kann warten, bis sich eventuell etwas anderes ergibt, wo man zum richtigen Zeitpunkt die richtige Person am richtigen Ort sein könnte.“ Seit über einem Jahrzehnt taucht daher sein Name stets dann auf, wenn Festivals wie die Salzburger Festspiele oder Opernhäuser wie die Scala nach neuen Intendanten suchen. Doch Audi, der auch zehn Jahre lang künstlerischer Leiter des Holland Festivals war, gibt sich betont zufrieden mit dem Status quo. Jüngst die „Tosca“ an der Pariser Oper und nun „Rigoletto“ an der Wiener Staatsoper - diese Aufgaben seien wie die Erfüllung alter Träume, beteuert der 57-Jährige, der erst vor kurzem Vater wurde und über die Arbeit mit dem Staatsopernorchester (es dirigiert Myung-Whun Chung) in Schwärmen gerät.

Ganz anders reagiert der bedächtig formulierende Opern-Profi, wenn man ihn auf die Finanzkrise der Opernhäuser anspricht. Diese sei allgegenwärtig und mache auch vor der Amsterdamer Oper nicht halt, sagt Audi. „Überall steigen die Kosten und sinken die Subventionen. Wir sind alle unter Druck. Glücklicherweise kommen die Zuschauer weiterhin zu uns - wir haben 96 Prozent Auslastung. Aber das Problem sind die Politiker, die den Wert von Bildung und Kultur nicht erkennen. Wir müssen alle mehr zusammenrücken, es gibt viel mehr Koproduktionen als früher. Wir müssen kämpfen, diese komplizierte, teure Kunstform für unsere Kinder erhalten. Die Politik ist unser großer Feind, nicht das Publikum.“

(Das Gespräch führte Wolfgang Huber-Lang/APA)

(S E R V I C E - Giuseppe Verdi: „Rigoletto“, Libretto: Francesco Maria Piave, Regie: Pierre Audi, Dirigent: Myung-Whun Chung / Guillermo Garcia Calvo, Ausstattung: Christof Hetzer, Mit Piotr Beczala - Duca di Mantova, Simon Keenlyside - Rigoletto, Erin Morley - Gilda, Sorin Coliban - Conte di Monterone, Elena Maximova - Maddalena, Ryan Speedo Green - Sparafucile u.a., Wiener Staatsoper, Premiere: 20. Dezember, 18.30 Uhr, Weitere Vorstellungen: 23., 27., 30. Dezember, 2. Jänner 2015. Die Premiere wird live in Radio Ö1 übertragen sowie live-zeitversetzt ab 20.15 Uhr auf Classica und ab 21.55 Uhr auf ORF 2. Karten. 01 / 513 1 513, www.wiener-staatsoper.at)