Frauen mit Eisenstangen attackiert: Prozess in Wien
Ein 21-Jähriger steht in Wien vor Gericht, weil er mehrere Frauen mit einer Eisenstange geschlagen und ausgeraubt haben soll.
Wien – Wegen der brutalen Attacke mit einer Eisenstange ist am Dienstag der Prozess gegen einen 21-jährigen Rumänen eröffnet worden, der im Frühjahr in Wien-Favoriten Angst und Schrecken verbreitet haben soll. Seine Opfer waren größtenteils junge Frauen, die jüngste laut Anklage erst 13 Jahre alt. Der Mann musste sich neben schweren Raubes u.a. auch wegen fünffachen Mordversuchs verantworten.
Marius C. bekannte sich zu den ihm angelasteten Raubdelikten schuldig, den fünffachen Mordversuch will er nicht begangen haben, wie seine Anwältin Irene Pfeifer dem Schwurgericht (Vorsitz: Sonja Weis) darlegte. Im Falle einer Verurteilung im Sinne der Anklage droht dem Beschuldigten zehn bis 20 Jahre Haft oder lebenslänglich.
Acht Mal soll der Mann im März und April zugeschlagen haben. In fünf Fällen attackierte er seine Opfer mit einer Eisenstange, die Frauen erlitten massive und teils lebensgefährliche Gesichts- und Kopfverletzungen bzw. Abwehrverletzungen. Laut Staatsanwalt Wolfram Bauer muss er es in diesen fünf Fällen „ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden haben, dass er die Opfer durch die von ihm verübte Gewaltanwendung tötet“.
Eine Frau überlebte nur knapp
Eine Frau gab in ihrer Vernehmung an, sie habe geglaubt, der Täter würde nicht von ihr ablassen, bis sie tot sei. Eine von dem Räuber attackierte 25-jährig Frau überlebte die Attacke nur knapp und lebt seitdem mit schweren Dauerfolgen. Eine weitere Frau (24) wird ihr Sehvermögen am linken Auge wahrscheinlich nicht wieder erlangen. Das jüngste Opfer war eine 13-jährige Schülerin, die abends am Nachhauseweg von einer Freundin war, nachdem die beiden eine Ostermesse in einer Favoritner Kirche besucht hatten.
Nach seinem achten Überfall am 26. April konnte der Mann festgenommen. Er befand sich allerdings bereits eineinhalb Woche zuvor für kurze Zeit in Polizeigewahrsam, weil der Rumäne nachts mit einem Brecheisen unterwegs war und man ihn für einen Einbrecher hielt. Die Polizei ließ ihn allerdings wieder laufen, woraufhin der Mann zwei weitere Überfälle begehen konnte.
Ein Raubopfer konnte bis heute nicht ausgeforscht werden. Marius C. beschrieb die Frau als etwa 20-Jährig, groß und blond. Sie dürfte das erste Opfer des Rumänen gewesen und Mitte März überfallen worden sein. Erbeutet hatte der Mann meist nur geringe Geldbeträge, Handys oder Bankkarten sowie Ausweise.
„Ich wollte die Frauen nicht verletzen“
Seine Tatwaffe war eine 50 Zentimeter lange Eisenstange, die als Steher für einen Zaun einer Grünfläche in Favoriten gedacht war. Von dort wurde sie laut Anklage von C. abmontiert. Der 21-Jährige stellte seine Waffe auch immer wieder an den ursprünglichen Platz zurück, um sie dort sicher zu verstecken. Vor Gericht gab er an, die Stange nicht bewusst als Waffe für die Raubüberfall von dort weggenommen zu haben. Der Steher sei dort angelehnt gewesen. Er habe ihn bei einem nächst gelegenen Container entsorgen wollen. „Sie wollten den 10. Bezirk aufräumen, oder wie“, schüttelte Richterin Weis den Kopf.
„Ich wollte die Frauen nicht verletzen“, sagte der Angeklagte Marius C. bei seiner Aussage vor dem Schwurgericht. Nur in drei Fällen gab er zu, die Eisenstange als Waffe verwendet haben. Ansonsten habe er mit seinen Fäusten auf die Opfer eingeschlagen. Das war für das Gericht insofern unglaubwürdig, weil die Frauen zum Teil lebensgefährliche Verletzungen erlitten haben.
24-jähriges Opfer sagte aus
Sein zweites Opfer, eine 24-Jährige, die in der Nacht auf den 23. März den Nachtbus verpasst hatte und zu Fuß nach Hause gegangen war, erlitt multiple Brüche. Der Täter fügte ihr Brüche beider Unterkieferseiten, der linken Augenhöhle, eine Zerreißung des linken Augapfels, einen Bruch der Nase, eine Gehirnerschütterung, eine Rissquetschwunde an der linken Wange und am linken Ohr sowie die Läsion mehrerer Zähne zu, wie Richterin Sonja Weis aus dem Akt vorlas.
Am Nachmittag sagte die Frau vor Gericht aus. Sie wird auf ihrem linken Auge nie wieder sehen können. Mehrere Operationen an Kiefer, Zähnen und Auge hat die Architekturstudentin über sich ergehen lassen müssen. Wochenlang konnte sie aufgrund des Kieferbruchs nur breiige Kost zu sich nehmen. Nach einer Augenoperation musste sie eine Woche lang mit dem Gesicht nach unten schlafen. „Ich hatte starke Kopfweh und Schmerzen“, sagte die Frau. Jeden Morgen war ihr Gesicht stark angeschwollen. „Es war anfangs keine leichte Zeit“, so die Zeugin mit gebrochener Stimme. Zunächst war nicht klar, ob sie ihr eigenes Auge behalten oder ob sie ein Glasauge bekommen würde. „Das hat mich sehr belastet.“ Durch die Operationen konnte das Auge, jedoch nicht das Augenlicht gerettet werden.
Die 24-Jährige wollte ausdrücklich in Anwesenheit des Angeklagten Marius C. aussagen. Am 23. März hatte die Frau den Nachtautobus versäumt und war zu Fuß in Wien-Favoriten unterwegs. Bei der „Spinnerin am Kreuz“, einer gotischen Säule im 10. Gemeindebezirk, hörte sie plötzlich drei schnelle Schritte. „Ich erinnere mich nur noch, dass das Ganze sehr wild war.“ Die 24-Jährige wurde daraufhin ohnmächtig. Als sie wieder erwachte, waren ihre Brille und der Inhalt ihrer Tasche verschwunden. Erst da realisierte die Studentin, dass sie überfallen wurde. Die Frau schleppte sich noch nach Hause, wo ihre Schwester ärztliche Hilfe rief. An einem Paar schwarzer Sneakers von C. wurden später latente Blutspuren des Raubopfers gefunden.
Urteil soll am Freitag fallen
Das vierte Opfer, die 25-Jährige, lag nach dem Übergriff zwei Wochen in künstlichem Tiefschlaf, überlebte den Angriff nur knapp. Auf die Aufforderung des Gerichts, sich das Fotos des zugerichteten Gesichtes der Frau nach dem Überfall genauer anzusehen, drehte sich der 21-Jährige weg. „Ich will das nicht sehen“, meinte Marius C., was den beisitzenden Richter Norbert Gerstberger laut werden ließ. „Schauen Sie hin! Schauen sie, was Sie angerichtet haben!“, schrie der Beisitzende.
Marius C. kam am 9. März mit Verwandten nach Wien, um am sogenannten Arbeiterstrich auf der Triester Straße Geld zu verdienen. Eigentlich hatte er vor, im Mai wieder in seine Heimat zurückzukehren, doch nur eine Woche nach seiner Ankunft soll er den ersten Überfall begangen haben. Ob dies aus Geldgründen geschah, muss nun das Gericht klären, mit seiner Schwarzarbeit hatte er immerhin rund 2.000 Euro verdient und auch von den Eltern finanzielle Zuwendungen erhalten. Jedoch bereits zwei Jahre zuvor hatte er in Rumänien eine junge Frau überfallen und sie die Stiegen hinuntergestürzt. Dafür saß er über ein Jahr im Gefängnis.
Der Prozess ist für drei Tage anberaumt, am Freitag soll ein Urteil erfolgen. Staatsanwalt Bauer forderte im Eröffnungsplädoyer eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Bei den Taten habe es sich um „Blitzattacken mit hoher Aggressivität gehandelt“, sagte der Ankläger. Laut Gutachten sei die Gefährlichkeitsprognose als „sehr ungünstig“ anzusehen. (APA)