„Mehr Netto vom Brutto“: Kanzler und Vize glauben an Steuereinigung
Heute erfolgt offiziell der Startschuss in Sachen Steuerreform. Unter der Leitung von Kanzler Faymann und Vizekanzler Mitterlehner werden die Verhandlungen um 17 Uhr im Bundeskanzleramt beginnen. Im Vorfeld zeigen sich beide optimistisch.
Wien - Die Regierungsspitze ist überzeugt davon, bei der Steuerreform bis zur selbst gesetzten Deadline im Frühjahr eine Einigung zu finden. „Dieses Projekt, mehr Netto vom Brutto werden wir bis zum März zustande bringen“, betonte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) am Dienstagabend im ORF-“Report“. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner lehnte Neuwahl-Spekulationen ab.
„Der Koalition geht es ganz normal“
„Wir wollen für den Bürger und die Bürgerinnen arbeiten“, sagte Mitterlehner zu medialen Spekulationen über allfällige Neuwahl-Gelüste. Der Koalition gehe es „ganz normal“, meinte er zu Misstönen der letzten Wochen. Dass er im Zuge der Steuerreform-Debatte die SPÖ als „Partner unter Anführungszeichen“ bezeichnet hatte, solle man nicht überbewerten.
Bericht der Steuerreformkommission:
http://goo.gl/bJX9UP
Auch Faymann betonte das „gute Verhältnis“, das er in den Gesprächen mit Mitterlehner bemerkt habe, auch wenn die ÖVP nach wie vor „natürlich die selbe Partei“ ist. „Und ich bin überzeugt davon, dass wir bei der Steuerreform etwas zusammenbringen.“ Denn Mitterlehners Vorgänger Michael Spindelegger habe ja noch gemeint, dass man sich eine Steuerreform nicht leisten könne.
Hier habe sich viel bewegt: „Wir sagen: Dieses Projekt, - mehr Netto vom Brutto, Entlastung für die Menschen - werden wir bis März zustande bringen. Das ist doch ein Riesenunterschied.“
Selbst zum Streitpunkt Vermögenssteuer gaben sich die beiden Parteichefs verbindlich, wenn auch zugeknöpft: Mitterlehner meinte, es sei das spannende an der Politik, dass es auch bei scheinbar unausweichlichen Konflikten Lösung geben müsse. Er habe gesagt, eine „klassische Vermögenssteuer“ wolle man in der ÖVP nicht haben - „aber da gibt es ja genügend andere Varianten“. Welche diese sein könnten, ließ er sich aber nicht entlocken: „Lassen Sie sich überraschen.“ Man werde nicht in der Öffentlichkeit verhandeln.
Auf die Frage, was bei diesem Thema nicht verhandelbar sei, meinte Faymann: „Dass die Menschen spüren, dass die Entlastung auch in ihrer Brieftasche angekommen ist.“ Es solle jeder das Gefühl haben, „dass er es nicht selber bezahlt hat, was er am Konto bekommt“, so der Kanzler.
Mitterlehner entschuldigt sich für Fehler in Causa Hypo
Als Grund, warum der Spielraum bei den Steuerreformen derartig eng sei, nannte Mitterlehner das „alles andere als perfekte“ Krisenmanagement in der Hypo-Causa. „Man kann sich bei den Österreicherinnen und Österreichern - obwohl wir beide es nicht verantwortet haben oder entstehen haben lassen - nur entschuldigen, es tut uns auch leid.“ Man werde alles tun, um den Schaden gering zu halten.
Dass sich keiner der drei mit der Hypo-Abwicklung beschäftigten (mittlerweile aus dem Amt geschiedenen) Finanzminister bisher zum Untersuchungsbericht der Hypo-Untersuchungskommission unter Leitung von Irmgard Griss geäußert hat, gefällt Mitterlehner nicht besonders: Er hätte sich „da oder dort eine kräftige Stellungnahme erwünscht“, sagte er zum bisherigen Schweigen von Maria Fekter, Michael Spindelegger und Josef Pröll.
Gleichzeitig betonte er, dass ja auch der Griss-Bericht gezeigt habe, dass man nicht Einzelnen die Schuld zuschieben könne, es sich vielmehr um eine Systemüberforderung gehandelt habe. Ähnliche Fälle habe es etwa auch in Deutschland gegeben, so der Vizekanzler, der erneut betonte, dass die Auslöser der Hypo-Krise in der FPÖ zu suchen seien.
Faymann meinte auf die Frage, ob es ein Fehler gewesen sei, anfangs skeptisch gegenüber einer Verstaatlichung der Bank gewesen zu sein, „rückblickend weiß man vieles besser“. Er sei damals den Vorschlägen von Finanzmarktaufsicht, Nationalbank und Finanzministerium gefolgt - und das sei richtig so gewesen, denn: „Ich kann ja nicht die Zuständigen übergehen.“
Team Stronach gegen „Belastungsideen“
Das Team Stronach wehrt sich vor dem Start der politischen Verhandlungen zur Steuerreform gegen die „Belastungsideen“ der Bundesregierung. Gefordert seien viel eher eine Senkung der Lohn- und Einkommenssteuern sowie eine Entlastung der Unternehmer, erklärte Klubchefin Kathrin Nachbaur bei einer Pressekonferenz am Mittwoch.
Ein Dorn im Auge sind Nachbaur besonders die „klassenkämpferischen Vorschläge“ der SPÖ. „Umverteilung schafft keinen Wohlstand“, im Gegenteil würde dies im Endeffekt erst recht die Armen treffen, meinte Nachbaur. Kurz vor Weihnachten zog sie einen Vergleich: „Vor 2.000 Jahren kamen die Heiligen Drei Könige mit Gold, Weihrauch und Myrrhe“, heute würden Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) „neue Steuern, Belastungen und Enteignungsideen“ bringen.
Eine Steuerreform mache hingegen nur Sinn, wenn bei den Ausgaben gespart wird, forderte Nachbaur eine Verwaltungs- und Föderalismusreform. Die Gegenfinanzierung müsse durch die überfälligen Neuerungen statt durch neue Steuern durchgeführt werden. Das Team Stronach pocht weiters auf die Senkung der Lohn-und Einkommenssteuern sowie Unternehmenssteuern für Firmen, die in Österreich Arbeitsplätze schaffen.
Nachbaur will außerdem eine Gewinnbeteiligung für Mitarbeiter: „Fleißig sein muss sich wieder lohnen.“ Die Klubchefin forderte weiters von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) eine „Garantie“ gegen neue Steuern und gegen eine Enteignung der Steuerzahler. Auch soll er die „Klassenkämpfe“ der SPÖ einbremsen. (TT.com, APA)