Deutsche Regierung bringt die Pkw-Maut auf den Weg
Der Entwurf für die geplante Pkw-Maut, die Inländern über die Kfz-Steuer zurückerstattet werden soll, wurde am Mittwoch von der deutschen Regierung abgesegnet. Nun folgt die Diskussion im Bundestag.
Berlin – Auf Autobahnen und Bundesstraßen in Deutschland soll eine Pkw-Maut eingeführt werden. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch zwei entsprechende Gesetzentwürfe von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Dabei geht es um die Einführung einer Infrastrukturabgabe sowie die Reform der Kfz-Steuer. Geplant ist, dass Deutsche und Ausländer die Maut zahlen, Inländer diese jedoch über eine Senkung der Kfz-Steuer erstattet bekommen. Geplant sind Tages-, Zweimonats- und Jahresvignetten.
Die Maut soll sich Dobrindt zufolge nach Hubraumgröße sowie Umwelteigenschaften richten und zwischen 24 und 130 Euro pro Jahr kosten. Elektro-Autos sollen von der Abgabe ausgenommen werden. Die Maut soll für Pkw bis zu einem Gewicht von 3,5 Tonnen gelten. Die Einführung der Maut ist für 2016 geplant.
Die Maut ist vor allem ein Anliegen der CSU. Es gibt jedoch Bedenken, ob die Gebühr mit dem EU-Recht vereinbar ist. Mehrere Nachbarstaaten wie etwa Österreich und die Niederlande haben das Projekt kritisiert. Der Bund soll nach den Plänen ab Anfang 2016 mit der Maut jährlich rund 700 Mrd. Euro einnehmen. Nach Abzug der Betriebs- und Verwaltungskosten sollen dann 500 Mio. Euro für Investitionen in das Verkehrsnetz verbleiben.
Auf Kritik an den Mautplänen reagierte Dobrindt am Mittwoch gelassen. Er verteidigte die vom Kabinett beschlossene Einführung einer Pkw-Maut als fair, sinnvoll und gerecht.
Kritik aus Brüssel: SPD will Überarbeitung
Bei den folgenden Beratungen im Bundestag sieht die SPDnoch weiteren Klärungsbedarf. „Das wird ein schwieriges Gesetzgebungsverfahren, da noch viele Fragen offen sind“, sagte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol. Angesichts erneuter Bedenken in Brüssel gegenüber den deutschen Maut-Plänen hieß es bereits am Dienstag von Seiten der SPD a, dass man eine weitere Überarbeitung des Konzepts erwarte. Er gehe davon aus, dass es an dem Gesetzentwurf „weitere Änderungen geben wird“, sagte der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundestages, Martin Burkert (SPD), der Zeitung „Die Welt“ vom Dienstag.
Es bewahrheite sich, dass die Vereinbarkeit der Mautpläne mit EU-Recht „die größte Herausforderung“ sei. Er habe Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) daher zu einem Gespräch in den Verkehrsausschuss eingeladen, sagte Burkert.
Die EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc hatte in einem am Montag bekannt gewordenen Brief an Dobrindt erneut Bedenken gegen die geplante Pkw-Maut angemeldet. Der Gesetzentwurf laufe „auf einen Bruch des fundamentalen Vertragsprinzips der Nichtdiskriminierung“ hinaus, schrieb sie Medienberichten zufolge. Die seit Monaten diskutierte Abgabe stößt in Brüssel schon seit den ersten Vorschlägen auf Skepsis. Befürchtet wird, dass andere EU-Bürger gegenüber Deutschen benachteiligt werden.
Dobrindt bekräftigte am Mittwoch, die Regelung mit dem vorgesehenen Maut-Ausgleich für inländische Autobesitzer bei der Kfz-Steuer sei europarechtskonform. Mögliche Klagen sehe er gelassen. Für deutsche Autofahrer werde es keine Mehrbelastung geben.
SPD-Europaabgeordneter: EUGH soll Gesetz stoppen
Die Pkw-Maut soll für die Nutzung von Autobahnen und Bundesstraßen bezahlt werden. Fahrer, deren Auto in Deutschland gemeldet ist, werden aber über die Kfz-Steuer entsprechend entlastet. Der SPD-Europaabgeordnete Matthias Groote forderte eine Rücknahme des Gesetzes. Man könne nur hoffen, dass die Mautpläne spätestens vom Europäischen Gerichtshof gestoppt würden, sagte Groote der „Bild“-Zeitung vom Dienstag. Auch er verwies auf die in Bulcs Brief genannten Bedenken gegen das Mautgesetz.
Kritik an dem Beschluss des Entwurfes trotz der schafren Worte aus Brüssel kam auch von den Grünen. Er „wundere“ sich sehr über die Koalition, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Stephan Kühn, der „Welt“. Beide Regierungsparteien hätten „sich immer dafür stark gemacht, dass die offenen Fragen bei der im Koalitionsvertrag verlangten Europarechtskonformität der Pkw-Maut mit Brüssel geklärt werden müssen“. (tt.com, APA/Reuters/dpa)
Pkw-Maut in Deutschland: Was die Autofahrer erwartet
STRASSENNETZ: Inländer sollen für das knapp 13.000 Kilometer lange deutsche Autobahnnetz und das 39.000 Kilometer lange Netz der Bundesstraßen Maut zahlen. Pkw-Fahrer aus dem Ausland nur auf den Autobahnen.
MAUTPREISE: Alle inländischen Autobesitzer müssen eine Jahresmaut zahlen, die vom Konto abgebucht wird - sie richtet sich nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Autos und beträgt höchstens 130 Euro. Für Ausländer gibt es neben der so berechneten Jahresmaut ergänzend eine Zehn-Tages-Maut (10 Euro) und eine Zwei-Monats-Maut (22 Euro).
AUSGLEICH FÜR INLÄNDER: Inländer sollen für Mautzahlungen durch eine geringere Kfz-Steuer wieder entlastet werden - auf den Cent genau. Bei besonders schadstoffarmen Autos (Euro 6) ist es möglich, für Maut und Steuer künftig etwas weniger zu zahlen als jetzt für die Steuer.
BESONDERE FAHRZEUGE: Mautpflichtig sind auch Wohnmobile. Motorräder, Elektroautos, Wagen von Behinderten und Krankenwagen sind mautfrei.
KONTROLLEN: Statt an Klebe-Vignetten sollen Mautzahler über das Nummernschild ihres Autos zu erkennen sein. Kontrolliert werden soll dies in Stichproben durch einen elektronischen Kennzeichen-Abgleich. Daten sollen nur hierfür erfasst und schnell wieder gelöscht werden.
GELDBUSSEN: Wer keine Maut zahlt und erwischt wird, muss Geldstrafen zahlen - bis zu 150 Euro. Im Wiederholungsfall können bis zu 260 Euro plus eine Jahresmaut fällig werden. Dies soll auch bei Pkw-Haltern im Ausland eingetrieben werden.
HÄRTEFÄLLE: Wer nachweisen will und kann, dass er in einem Jahr weder auf Autobahnen noch auf Bundesstraßen gefahren ist, kann seine Maut zurückfordern. Nachweis könnte ein eigens geführtes Fahrtenbuch sein.