EU-Parlament stimmte für Anerkennung des Staats Palästina
Mit einer deutlichen Mehrheit sprach sich das EU-Parlament am Mittwoch in einer symbolischen Abstimmung dafür aus, den Staat Palästina anzuerkennen.
Straßburg – Das EU-Parlament hat sich nach langer Debatte für einen politisch abgeschwächten Kompromiss zur Anerkennung Palästinas ausgesprochen. Die Volksvertretung „unterstützt grundsätzlich die Anerkennung Palästinas“, allerdings nur in Verbindung mit Friedensverhandlungen, hieß es in der Entschließung am Mittwoch in Straßburg.
Auf diese Formulierung einigte sich eine fraktionsübergreifende Allianz von Christdemokraten, Sozialdemokraten, Liberalen, Grünen und der Vereinigten Linken. Das Votum ist symbolisch - ob Palästina anerkannt wird oder nicht, ist und bleibt Sache der Regierungen in den EU-Staaten. 498 Parlamentarier stimmten dafür, und 88 dagegen bei 111 Enthaltungen.
Um in dieser schwierigen Frage einig zu werden, sind Rechte und Linke von ihren Maximalpositionen abgerückt. Den Abgeordneten war es wichtig, für dieses heikle Thema eine möglichst breite Mehrheit zu finden. Sie wollen damit die Verhandlungsposition der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini stärken.
Kompromiss zwischen rechts und links
Die Grünen forderten ursprünglich eine sofortige und bedingungslose Anerkennung. Die Christdemokraten wollten eine Anerkennung erst nach Abschluss von Friedensverhandlungen mit Israel. Beide Positionen konnten sich nicht völlig durchsetzen. Die von Israel-Freunden geforderte Zustimmung Israels zu einer Anerkennung ist nun nicht als Bedingung festgelegt, eine sofortige Anerkennung wird aber auch nicht gefordert.
Der Kompromiss fand nach der Abstimmung die Zustimmung der großen Fraktionen. Der Vorsitzende der konservativen EVP, Manfred Weber, sprach von einem „großen und vernünftigen Erfolg“. Der Chef der Sozialdemokraten, Gianni Pittella, erklärte, es handle sich um einen historischen Tag. Es mache die Bahn frei für Verhandlungen und sei kein Sieg einer Fraktion, sondern ein „Sieg des Friedens“. Der Liberale Guy Verhofstadt freute sich, dass der EU-Außenbeauftragten damit ein klares Mandat für weiteres Handeln gegeben werde. Die Grüne Rebecca Harms meinte, obwohl der Antrag des Parlaments nur symbolisch sei, dürfe es keine Rückkehr in alte ideologische Konfrontationen geben.
Kritik an israelischer Siedlungspolitik
Die Europaabgeordneten bekräftigten auch ihre Kritik an der israelischen Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten. Diese Siedlungen seien „völkerrechtswidrig“. Beide Seiten müssten von „Handlungen Abstand nehmen, welche die Tragfähigkeit und Zukunftsaussichten der Zwei-Staaten-Lösung gefährden könnten.“
Der Europäische Gerichtshof strich indes die im Gazastreifen regierenden Hamas von der EU-Terrorliste. Die Kommission betonte jedoch, es handle sich um keine politische Entscheidung, sondern ein Urteil wegen eines Verfahrensfehlers. Man betrachte die Hamas weiterhin als Terrororganisation. Das Einfrieren von Geldern der Islamisten bleibt vorerst in Kraft.
Zur Zeit ist die Lage zwischen Israelis und Palästinensern sehr angespannt. Friedensverhandlungen scheinen in weite Ferne gerückt zu sein.
Der lange Weg zum Staat
Seit Jahrzehnten bemühen sich die Palästinenser um die Anerkennung eines unabhängigen Staates Palästina. 135 Länder haben dies bereits getan und mehrere Parlamente einen solchen Schritt empfohlen. Israel, die USA, Deutschland und andere westliche Staaten – auch Österreich – vertreten aber die Linie, dass ein souveränes Palästina erst zum Abschluss eines Friedens mit Israel anerkannt werden kann.
Derzeit sind die künftigen Grenzen zwischen Israel und einem Staat Palästina strittig. 1988 proklamierte die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) einen unabhängigen Staat in den von Israel 1967 besetzten Gebieten. Rund 60 Länder erkannten schon damals diesen Staat an, darunter arabische Staaten, die UdSSR und die DDR. In den folgenden zwei Jahrzehnten folgten Dutzende weitere Länder.
2011 scheiterte Palästinas Antrag auf UN-Vollmitgliedschaft am dafür zuständigen Sicherheitsrat. Die UN-Vollversammlung entschied aber 2012, den Palästinensern den Status eines Beobachterstaates einzuräumen.
Bereits im Dezember 2011 hatte Island als erstes Gründungsmitglied der NATO Palästina offiziell anerkannt. Im Oktober 2014 folgte Schweden als erstes altes „westliches“ EU-Mitglied. Polen, Ungarn und die Slowakei hatten es vor ihren EU-Beitritten getan. Die Parlamente in London, Paris und Madrid votierten ebenfalls für die Anerkennung Palästinas; dies ist für die Regierungen jedoch nicht bindend. (APA/dpa)