Ein Kögele – eisig und schön
Skitourenmöglichkeiten gibt es derzeit nicht viele – doch das Eiskögele oberhalb von Obergurgl bietet gute Verhältnisse. Was man dazu braucht: Konditionsstärke und Schwindelfreiheit auf den letzten Metern.
Von Irene Rapp
Sölden, Obergurgl –Skilehrer Richard – der übrigens dem Klischee-Bild eines kernigen Skilehrers voll entspricht – kennt schon die Antwort, bevor ich die Frage überhaupt fertig gestellt habe. „Aufs Eiskögele. Einfach immer der Piste und anschließend den Spuren nach“, gibt er freundlich Auskunft. Oder anders ausgedrückt: Weil in diesen Tagen der Schneemangel wenig Möglichkeiten für Skitouren bietet, konzentrieren sich auf die wenig machbaren Varianten viele Menschen.
In diesem Fall war am vergangenen Sonntag als Ziel das 3233 Meter hohe Eiskögele in Obergurgl ausgewählt worden. In Zahlen ausgedrückt: Für den Gipfel im Rotmoostal sind rund 1300 Höhenmeter im Aufstieg sowie sieben Entfernungskilometer zu bewältigen. Nicht zu vergessen: Vom Skidepot aus geht es die letzten Meter recht steil hinauf, am Grat ist dann an ein, zwei Stellen Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erforderlich.
So kommt man hin: Ausgangspunkt ist die Talstation der Hohe-Mut-Bahn in Obergurgl (1910 m). Von dort aus geht es die Piste hinauf, an der Mittelstation vorbei und unter zwei Sesselliften durch (Bruggenbodenlift und Steinmannbahn). Wenige Meter nach der Steinmannbahn zweigt von der Piste ein Ziehweg ab, der zur Schönwieshütte (2266 m) führt.
Diese lässt man rechts liegen (die Brücke darunter queren) und biegt links ab in das sich auf einmal weit öffnende flache, südöstlich verlaufende Rotmoostal. Ins Auge sticht hier u.a. der Hangerer (3020 m), eine beeindruckende Pyramide zur Rechten, deren steil abfallende Felswände zeigen, wo es weitergeht.
Denn nach diesen öffnet sich ein breiter Nordhang, wo es nun in zahlreichen Spitzkehren (ca. 200 Höhenmeter) steil hinaufgeht (35 Grad; Lawinenwarnstufe beachten). Genau zum richtigen Zeitpunkt wird es aber flacher, man hat Gelegenheit zum Verschnaufen und Genießen der Ausblicke auf die traumhafte Szenerie – u.a. Liebenerspitze, Seelenkogel, Hochfirst usw. Schon früh kann man auch die Nordhänge bzw. den Gipfel des Eiskögele erkennen, wo das zweite steile Stück auf einen wartet.
Zunächst aber geht es relativ gemütlich über den Hangererferner hinauf. Nur kurz vorm Skidepot, das sich links von einer felsigen Flanke befindet, sind noch einige wenige Spitzkehren erforderlich. Dann heißt es Ski abschnallen: Die Schneesituation ließ es am Sonntag zu, dass der seil- und bügelversicherte Aufstieg in einer Felswand gut zu erkennen bzw. nützen war. Nach der Felsstufe konnte man über bereits vorhandene Spuren leicht zum Beginn des Nordgrates steigen. Und nun beginnen die letzten Meter, für die es absolute Trittsicherheit erfordert: Eisenstangen bieten aber immer wieder Möglichkeiten zum Festhalten. Bei viel Schnee könnte diese Passage jedoch wieder anders aussehen – allerdings sind diese Woche nur rund 15 Zentimeter Neuschnee dazugekommen. Am Gipfel des Eiskögele schließlich kann man es kaum glauben: Platz ist hier für zwei Blasmusikkapellen, dazu gibt es ein beeindruckendes Steinmandl und natürlich sind auch die Ausblicke ein Traum. Abgefahren wurde am Sonntag meist entlang der Aufstiegsspur, eingekehrt in der Schönwieshütte mit sehr lustigem Wirt. Fazit: ein traumhafter Tag – trotz nicht gerade phantastischer Schneesituation.
Infos zur Tour
Ausgangspunkt: der Ortskern von Obergurgl (1910 m). Doch aufgepasst: Geparkt werden kann nur an wenigen Stellen, die Polizei kontrolliert streng. Parken z.B. auf den Parkflächen des Hotel Edelweiss (Tagespreis: 5 Euro/Ticket an der Rezeption) bzw. am kostenlosen Parkplatz der Festkoglbahn und dann die wenigen Meter bis zur Hohe-Mut-Bahn gehen. Wer sich Höhenmeter im Aufstieg ersparen will, kann mit der Hohe-Mut-Bahn bis zur Bergstation fahren und über steiles Gelände ins Rotmoostal abfahren. Lawinenlagebericht beachten!
Eckdaten: Zu bewältigen sind rund 1300 Höhenmeter im Aufstieg sowie 6,5 Entfernungskilometer. Gehzeit: ab 3,5 Stunden. Kurz vor dem Gipfel des Eiskögele (3233 m) ist bei der derzeitigen Schneesituation mit Kletterstellen zu rechnen. Wer sich sicherer fühlt, sollte Harsch- und Steigeisen mitnehmen.
Einkehrmöglichkeiten: Die Schönwieshütte am Eingang des Rotmoostales wartet mit guter Küche und gemütlicher Atmosphäre auf. Wermutstropfen: Am Samstag ist geschlossen (www.schoenwieshuette.com), allerdings gibt es auch im Ort bzw. Tal genügend Einkehrmöglichkeiten.