Ägypten hofft auf die Wende
Die Urlauber kommen nicht an den Nil zurück. In der Tourismusbranche ist man für die Zukunft optimistisch. Währenddessen sorgt sich Shop-Besitzer Ahmed Mohamed um seine Frau. Eine Momentaufnahme aus Luxor.
Luxor –Der Pool des „Hilton“ in Luxor sieht vom Restaurant so aus, als gehe er fließend in den Nil über. Über den Fluss in Ägypten fährt kaum noch ein Kreuzfahrtschiff. Und die Liegen unter den Palmen des Hotels sind leer. Wie hier sieht es vielerorts in Luxor aus. Doch Hisham Zaazou ist optimistisch. Der Tourismusminister beschwört das Comeback Ägyptens: 2015 werde wieder ein starkes Jahr. „Ich wette darauf, ich habe wirklich schon einige Wetten laufen“, sagt er.
Das Geschäft am Nil läuft bereits seit der Revolution 2011 äußerst schleppend. Man könnte auch sagen: Es existiert fast nicht mehr. Die Botschaft hat die Zahlen parat: In einer Novemberwoche fuhren von 255 Schiffen nur 35. Das größte Problem sei die Wahrnehmung der Urlauber. „Wenn wir die verändern, werden sich die Touristen wieder dafür entscheiden herzukommen“, ist Zaazou überzeugt. Doch es gibt auch praktische Probleme: Nur wenige Direktflüge gehen nach Luxor – auch wenn Sun Express nun wieder Verbindungen aufgenommen hat. Und der deutsche Urlauber ist bequem, er möchte nicht in Kairo umsteigen.
Ägypten will den Nil wieder attraktiv machen: Das Land unterstützt das Marketing der Kulturreiseanbieter, übernimmt die Landegebühren der Airports, subventioniert Charterflüge. Für Zaazou ist das alles eine Frage von Budgets, von Kapazitäten und Auslastungen. Der Nil sei eben kein so „einfaches Produkt“ wie das Rote Meer, erklärt der Minister. Das ist das große Problem.
Ahmed Mohamed, 30, hat andere Sorgen: Es ist Freitag, als Muslim dürfte er heute gar nicht arbeiten. Und doch sitzt er vor seinem Shop auf dem Vorplatz des mächtigen Karnak-Tempels. „Ich habe eine Tochter, ein zweites Kind kommt bald, per Kaiserschnitt“, erklärt er. „Das kostet viel, ich brauche das Geld.“ So wartet Mohamed auf Touristen. Aber weil niemand kommt, macht er Tee.
„Die Touristen, die da sind, haben nicht einmal fünf Minuten Zeit, um in die Shops zu kommen. Es ist schwierig, mit ihnen ein Geschäft zu machen“, berichtet Mohamed. Das Handeln brauche eben seine Zeit. Die Tour-Guides seien auch keine Hilfe. „Sie bringen die Leute nur in die großen Läden, dafür kriegen sie dann eine Kommission. Jeder schaut nur auf sein Geschäft.“ Das ist eines der kleinen Probleme hier in Luxor.
Mohamed hat studiert, er wollte Französischlehrer werden. Nun will er es als Touristenführer versuchen. „Aber als Anfänger habe ich keine Chance.“ Die meisten Menschen, die in Luxor während der Krise ihre Jobs verloren haben, sind arbeitslos geblieben. Sozialhilfe gibt es nicht. „Bekämen die Leute keine Hilfe von Nachbarn, würden sie sterben“, sagt Mohamed und dann: „Luxor und Assuan sterben.“
Wer eine Kreuzfahrt auf dem Nil bucht, kommt eigentlich immer zu einem Landgang nach Luxor. Und die Stadt gibt derzeit ein eher betrübliches Bild ab. Im Souk versuchen es viele Händler erst gar nicht mehr mit ausgefeilten Verkaufstaktiken. „Ich akzeptiere jeden Preis“, sagt einer und hält ein Tuch in die Luft. Auf dem Markt in Assuan werden Hibiskus, Datteln, Chili, schwarzer Kümmel und Malve verkauft. In einem kleinen Laden gibt es frisch gepressten Zuckerrohrsaft. Aber es sind kaum Urlauber unterwegs. Am Kai liegen nur wenige Schiffe.
Die Veranstalter sind jedenfalls überzeugt, dass ein Ende der Flaute unmittelbar bevorsteht. Tui hat seine Flugkapazitäten für den Sommer um 50 Prozent erhöht. Auch FTI bietet mehr Verbindungen an. Geschäftsführer Dietmar Gunz ist sicher: „Die Touristen haben wieder Vertrauen.“
Bisher trifft das in erster Linie auf die Badeorte am Roten Meer zu, vor allem für Hurghada. In Makadi Bay, einer Resort-Stadt nördlich des Ortes, ist von der Krise am Nil wenig zu spüren. „Wir wollen nur entspannen, die Sonne und das Meer genießen“, sagt Christine Toporis, eine Pensionistin aus der Nähe von Salzburg. Eine Nilkreuzfahrt könnte sie sich beim nächsten Mal schon vorstellen. „Früher war das ja quasi Tradition.“
Rudolf und Barbara Schnetzer sind zum 23. Mal in Ägypten. „Da gab es in Hurghada zwei Hotels“, sagt er und wagt eine These: „Die Bildungsbürger haben Angst vor Unruhen.“ Auch Freunde hatten Zweifel, ob sie eine Nilkreuzfahrt machen sollten. Am Ende dachten sie sich: lieber nicht. Sie selbst könnten sich das durchaus vorstellen.
Ahmed Mohamed, der Shop-Verkäufer vom Karnak-Tempel, sieht in Luxor keinen Platz für Gewalttäter. „Wenn jemand hier Probleme macht, dann kennen wir ihn und gehen zu seiner Familie.“ Im Moloch Kairo sei das anders. Die Weltlage und politische Absichtserklärungen interessieren am Nil aber allgemein wenig. Doch vor Kurzem wurde der Eintrittspreis für den Karnak-Tempel von sechs auf acht Euro erhöht. „Warum senkt man die Preise in der Krise nicht, sondern erhöht sie?“ Mohamed kann das nicht verstehen. Trotzdem hofft er auf bessere Zeiten. „Inschallah“, sagt er, wie alle in seiner Lage – „so Gott will“. (APA/dpa)