150 Jahre Ringstraße - Verkehrte Nummern und der Kaiser-Karl-Ring

Wien (APA) - Wer im Wiener Stadtplan die „Ringstraße“ sucht, wird nicht fündig werden. Denn der von den Hauptstädtern „Ring“ genannte Boulev...

Wien (APA) - Wer im Wiener Stadtplan die „Ringstraße“ sucht, wird nicht fündig werden. Denn der von den Hauptstädtern „Ring“ genannte Boulevard gliedert sich eigentlich in neun Teilabschnitte - exklusive Franz-Josefs-Kai am Donaukanal - mit eigenständigen Namen. Diese wurden je nach politischen Vorzeichen immer wieder umbenannt. Im Folgenden eine historische Rundfahrt im Uhrzeigersinn:

Der Stubenring wurde 1867 benannt (nach den dort ehemals angesiedelten Badestuben), die Verbauung war jedoch erst 1913 mit dem Reichskriegsministerium abgeschlossen. Den letzten Schliff erhielt das Gebäude, das heute mehrere Ministerien beherbergt, zu einer Zeit, als der Historismus eigentlich schon wieder aus der Mode war. Kein Wunder, war es doch das letzte große Ring-Projekt, das fertig wurde. Ansonsten finden sich am Stubenring auch die Wiener Urania, die 1910 als Volksbildungshaus mit Sternwarte eröffnet wurde, das Museum sowie die Universität für Angewandte Kunst und nicht zuletzt der Wiener Kaffeehaus-Klassiker Prückel.

Der 1862 eröffnete Wiener Stadtpark gab dem Parkring seinen Namen. Den behielt er allerdings nicht durchgehend: Zwischen 1910 und 1919 wurde der Straßenabschnitt kurzfristig zu Ehren des deutschen Herrschers in Kaiser-Wilhelm-Ring umgetauft. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs machte man das dann aber recht rasch wieder rückgängig. Heute kennt man am Parkring am ehesten das Hotel Marriott und das Gartenbaukino.

Der Kolowratring wird heute kaum jemandem mehr etwas sagen. Es war der ursprüngliche - aufgrund des inzwischen abgerissenen Palais Kolowrat gewählte - Name des Schubertrings, der erst 1928 nach dem berühmten Komponisten benannt wurde. Der Schubertring führt bis zum Schwarzenbergplatz, wo u.a. das Kasino am Schwarzenbergplatz, eine Spielstätte des Burgtheaters, untergebracht ist.

Der Kärntner Ring (ursprünglich Kärnthner Ring) ist heute vor allem Heimstätte vieler Luxushotels: Unter anderem finden sich dort das Grand Hotel, das neue „The Ring“, das Hotel Imperial sowie das Bristol. Mit dem Cafe Schwarzenberg residiert hier auch eine Kaffeehaus-Institution. Nach der Kärntner Straße und der Kärntner Bastei benannt, hat auch dieser Teil des Boulevards nicht immer seinen Namen behalten: Zwischen 1917 und 1919 wurde er in Kaiserin-Zita-Ring umbenannt. Ein Kuriosum: Die Häuser am Kärntner Ring sind gegen den Uhrzeigersinn nummeriert, denn die Uhrzeiger-Regelung wurde erst 1862 beschlossen.

Mit Mozarts Oper „Don Giovanni“ wurde die von August Sicard von Sicardsburg und Eduard van der Nüll im Stil der Neorenaissance geplante Staatsoper 1869 feierlich eröffnet, nach ihr ist auch der Opernring benannt. Ein kleines royales Zwischenspiel gab es allerdings auch hier: Analog zur Ehrung von Kaiserin Zita hieß die Straße zwischen 1917 und 1919 Kaiser-Karl-Ring.

Die Hofburg war 1863 Namensgeber für den Burgring - dieser führt aber nicht nur an dem ehemaligen habsburgischen Repräsentationsbau, sondern auch am Burggarten, der Neuen Burg, dem Kunst- und Naturhistorischen Museum, dem Äußerem Burgtor und damit dem Heldenplatz vorbei. Ursprünglich war hier die Errichtung des sogenannten Kaiserforums vorgesehen, das die Ringstraße und alle angrenzenden Gebäude zu einem Ensemble vereinen sollte. Das Projekt wurde aber nie umgesetzt.

Eine komplizierte und durchaus lebhafte politische Umbenennungsgeschichte hat das Stück des Boulevards zwischen Parlament und Schottentor hinter sich: 1870 nach dem Franzenstor auf Franzensring getauft, wurde er 1919 nach Ende des Ersten Weltkriegs zum „Ring des 12. November“ - jener Tag, an dem die Republik ausgerufen wurde. Nur wenige Jahre später, 1934, teilte man das lange Straßenstück in den Dr.-Ignaz-Seipel-Ring sowie den Dr.-Karl-Lueger-Ring.

Auch ein Stückchen des Burgrings - jener Häuserblock beim Schmerlingplatz - verstärkte den neuen Dr.-Ignaz-Seipel-Ring (benannt nach dem christlich-sozialen Politiker). Ab 1940 trug der Abschnitt den Namen des nationalsozialistischen Gauleiters von Wien, Josef Bürckl, nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das aber schnell rückgängig gemacht. Aus dem Dr.-Ignaz-Seipel-Ring wurde 1949 dann der Parlamentsring und schließlich - 1956 - der Dr.-Karl-Renner-Ring. Während auf der linken Seite das Parlament dominiert, prägt die rechte vor allem der Volksgarten.

Der Dr.-Karl-Lueger-Ring, von Rathausplatz bis Schottengasse, durfte seinen Namen zumindest ein wenig länger behalten: Erst am 5. Juni 2012 wurde er - auch auf Wunsch der Universität Wien, die lieber an einer politisch unbelasteten Adresse residieren wollte - in Universitätsring umbenannt. Es ist einer der touristisch ergiebigsten Ringabschnitte: Neben dem Rathaus - sowie dem dazugehörigen Park und Platz - kann man hier auch das Burgtheater, das Cafe Landtmann, die Universität Wien sowie den Sigmund-Freud-Park mit der Votivkirche besichtigen.

Den Schluss der Ringrundfahrt bildet der Schottenring, benannt 1870 nach Schottentor und Schottenstift. Eine der großen Attraktionen hier raffte der Brand des Ringtheaters 1881 dahin. Einige Prachtgebäude blieben aber stehen bzw. kamen noch dazu, darunter etwa das Hotel de France, das Hilton Plaza sowie das Hotel Kempinski im Palais Hansen. Neben der in rot gehaltenen ehemaligen Wiener Börse findet sich hier auch der nach dem Zweiten Weltkrieg errichtete markante Ringturm, der nach dem Stephansdom das zweithöchste Gebäude der Inneren Stadt ist.