Mayröcker erhielt „literarischen Blumenstrauß“ von 165 Dichtern

Wien (APA) - „Hab den der die das - Der Königin der Poesie“ nennt sich ein „literarischer Blumenstrauß“, den 165 Dichter, Künstler und Wegge...

Wien (APA) - „Hab den der die das - Der Königin der Poesie“ nennt sich ein „literarischer Blumenstrauß“, den 165 Dichter, Künstler und Weggefährten Friederike Mayröcker zum 90. Geburtstag geflochten haben. Das von Erika Kronabitter herausgegebene Buch wurde der Jubilarin gestern, Mittwoch, in der Alten Schmiede überreicht und versammelt Beiträge von Martin Amanshauser über Elfriede Jelinek bis Peter Weibel.

Die Beiträge in dem giftgrünen, 270 Seiten umfassenden Band, der in der Edition Art Science anlässlich des Geburtstags der großen Dichterin (20. Dezember) erschienen ist, bilden eine vielschichtige, tief greifende und sehr persönliche Liebeserklärung und dürften nicht nur die Autorin selbst, sondern auch mit ihrem Werk vertraute Leser erfreuen. Als Basis für die Textgeschenke, die in den vergangenen Monaten gesammelt wurden, dienten sowohl ganze Gedichte als auch einzelne Textstellen, reale und erhoffte Begegnungen sowie die individuelle Lektüre des Werks.

Während etwa Amanshauser die Tatsache, dass er in „Rudi‘s Beisl“ jeweils eine Stunde vor Mayröcker an deren reserviertem Tisch das Mittagsmenü einnimmt, zu einem poetischen Text verdichtet, bildet die tatsächliche Begegnung mit der Dichterin in einem Zugrestaurant die Folie für Lydia Mischkulnigs düsteres Gedicht „zwischen brütt“. Auch Doron Rabinovici verarbeitet Mayröckers unverwechselbare Präsenz zu einem sehr persönlichen Text: „Sie verzettelt sich und liest mich auf. Sie spricht uns an. Ruhe kehrt ein. Ich höre ihre Stimme und halte inne. Sie deklamiert nicht. Sie rezitiert nicht. Sie trägt nicht vor und trägt nicht auf. (...) Sie zeigt, wie das Schreiben ein Zuhause und die Literatur zur Heimat werden kann.“

Persönliche Erfahrungen mit der privaten Lektüre von Mayröckers Texten hat etwa Irmgard Hunt in ihrem halb literaturwissenschaftlich interpretierenden, halb literarischen Text verarbeitet: „Eine Wohltat, lyrische Zeilen ohne die Belastung von zu vielen Verben - man weiß diese schon - und ohne urteilende Adjektive zu lesen, insgesamt ohne die schwere, polternde, deutsche Grammatik“, heißt es an einer Stelle.

Unter den zahlreichen Autoren, die Mayröckers Ton in ihren lyrischen Beiträgen zitieren, stechen durchwegs auch poetisch selbstständige Texte wie etwa jene von Margret Kreidl („Papageienkoffer“), Franzobel („Die Türme des Schweigens“) oder Augusta Laar („Für FM“) hervor. Bereits aus dem Jahr 2009 stammt der Beitrag von Mayröckers Kollege und Freund Bodo Hell: „Zueignung/Zuneigung“ wurde kurz vor dem 85. Geburtstag Mayröckers im Stadttheater Gmunden uraufgeführt.

Die Video- und Textilkünstlerin Ina Loitzl hat die Abbildung eines kunstvollen Stickporträts beigesteuert, auf dem sie für Mayröckers Haare schwarze Federn benutzt hat. Bildnerisch hat sich auch Elisabeth von Samsonow den Glückwünschen genähert, ebenso wie Ilse Kilic oder Ingrid Wald. Carmen Tartarotti, die Mayröcker in dem Dokumentarfilm „Das Schreiben und das Schweigen“ ein Denkmal gesetzt hat, steuerte Filmstills bei.

Ein Lebens- und Liebesgedicht an die Jubilarin schreibt Robert Menasse mit „Mimesis der Mimesis“, „Damit ich es nicht vergesse“ nennt Robert Schindel sein Gedicht über „diese Angst, diese Anxt, diese Unkst diese Diese“. Einer der kürzesten Beiträge stammt von Ferdinand Schmatz: „du / luft // geflieder // unser / kleid“. Mayröcker-Freundin Christel Fallenstein hat 90 Übersetzungen des Gedichts „was brauchst Du“ zusammengetragen, von denen einige (u.a. Georgisch, Griechisch, Hebräisch) in das vorliegende Buch Eingang gefunden haben.

Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek arbeitet sich in ihrem literarischen Gruß anhand einer Mayröcker-Textstelle („nach dem Tod der Mutter die tiefen Gefühle...“) an ihrem eigenen Mutterhass ab („Es ist schön, daß jemand weint, Hauptsache, ich bin es nicht.“). Peter Weibel schließlich unternimmt auf drei Seiten einen poetischen Streifzug durch Mayröckers Buchtitel und schließt: „In den Verschriftungen bilden sich Lichtungen - das Licht verdichtet sich in der Schrift. Ihre magischen Zeichenketten sind Erleuchtungen, entkettete Zeichen, das Licht der Schrift. F.M.s Dichtung ist die Verschriftung von Licht.“

(S E R V I C E - „Hab den der die das - Der Königin der Poesie. Friederike Mayröcker zum 90. Geburtstag“, hrsg. von Erika Kronabitter im Verlag Edition Art Science, 270 Seiten, 18 Euro.)

(V I D E O A V I S O - Die APA hat gestern, Mittwoch, ein Video anlässlich des 90. Geburtstags von Friederike Mayröcker angeboten.)