Fluch oder Segen? Gemischte Gefühle bei Miamis Exil-Kubanern
Miami (APA/dpa) - Die einen freuen sich über den frischen Wind, die anderen fühlen sich verraten. Bei den Exil-Kubanern in Miami ist die ang...
Miami (APA/dpa) - Die einen freuen sich über den frischen Wind, die anderen fühlen sich verraten. Bei den Exil-Kubanern in Miami ist die angekündigte Annäherung zwischen den USA und der sozialistischen Karibikinsel auf ein geteiltes Echo gestoßen. „Ich bin bewegt und danke Barack Obama“, frohlockt George Davila im Café Versailles, einem beliebten Treffpunkt im Herzen von Miamis kubanischem Viertel Little Havanna.
Doch nicht alle teilen die Freude des 45-Jährigen nach der historischen Ankündigung des US-Präsidenten und des kubanischen Staatschefs Raul Castro. „Das ist ein Verrat an der Verfassung“, wettert neben ihm der rund 20 Jahre ältere Carlos Munoz, der an seinem Revers eine Nadel der Republikanischen Partei trägt. Er ist enttäuscht vom US-Präsidenten.
Ebenso wie zwei eingefleischte Anti-Castristen, die vor dem Lokal in der berühmten Calle Ocho mit Spruchbändern gegen Obama skandieren: „Verräter, Feigling!“ Eine „Verschwörung mit den Castro-Terroristen“ sei das, ist auf anderen Protest-Transparenten in Little Havanna zu lesen.
Dávila versucht, seine Landsleute zu beschwichtigen. „Was ist das Beste für Kuba?“, fragt er in die Runde. „Dies ist das Bedeutendste, was die USA in 55 Jahren gemacht haben“, pflichtet ihm Santiago Portal bei. Er ist zwar überzeugter Castro-Gegner, dennoch glaubt er: „Kuba ist nun auf dem Weg zur Freiheit.“ Isaac Román Castellanos, der 1994 aus Kuba floh, widerspricht: „Der heutige Tag ist sehr schmerzhaft.“
Auch Miamis kubanischstämmiger Bürgermeister Tomás Regalado zeigt sich enttäuscht. „Man hätte erwarten können, dass die Forderung nach Demokratie, freien Wahlen oder der Freilassung von Häftlingen Teil der Abmachung sein würde“, kritisiert der 67 Jahre alte Republikaner. „Es ist ein trauriger Tag“, meint er.
Etwas differenziert sieht die neue Entwicklung Rosa María Payá, die Tochter des bekannten Dissidenten Oswaldo Payá, der 2012 bei einem rätselhaften Autounfall auf Kuba ums Leben kam. „Wir freuen uns für die Familien von Alan Gross und des zweiten auf Kuba freigelassenen Häftlings“, sagte sie der dpa.
Es müsse aber einen echte Wechselbeziehung zwischen beiden Ländern geben. Dafür müsse sich Kuba wandeln und freie Wahlen erlauben. Die Entscheidungen auf der Insel müssten schließlich die Kubaner treffen, betont sie, „und nicht eine ausländische Regierung“.