Kroatien-Wahl - Amtsinhaber gegen Kandidatin ohne Nachnamen

Zagreb (APA) - Kroatien wählt am 28. Dezember einen neuen Präsidenten. Amtsinhaber Ivo Josipovic, ein Kandidat der Mitte-Links-Regierungskoa...

Zagreb (APA) - Kroatien wählt am 28. Dezember einen neuen Präsidenten. Amtsinhaber Ivo Josipovic, ein Kandidat der Mitte-Links-Regierungskoalition, tritt gegen zwei konservative und einen linken Gegenkandidaten an. Sollte Josipovic gewinnen, wovon Umfragen derzeit ausgehen, wäre das auch der erste Erfolg für die unpopuläre Regierung unter Premier Zoran Milanovic seit langem. Die beiden aber gehen auf Distanz.

Während Ivo Josipovic auf Verfassungsänderungen setzt, die für den wirtschaftlichen Aufschwung Kroatiens sorgen wollen, will seine Herausforderin Kolinda Grabar Kitarovic von der oppositionellen Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ) „auf den Tisch hauen“ und die Regierung zum Rücktritt zwingen.

Der Mediziner und HDZ-Abtrünnige Milan Kujundzic sieht sich als die einzige Alternative, Kroatien aus der Krise zu führen, und der jüngste Präsidentschaftskandidat Ivan Sincic (24) will für die Entrechteten kämpfen. Wie auch in den Wahlkämpfen davor, übersteigen die Wahlprogramme und Vorhaben bei weitem die eher bescheidenen Befugnisse, die ein Präsident in Kroatien hat.

„Derjenige, der sein Mandat verteidigt, ist immer im Vorteil“, sagt Meinungsforscher Agan Begic zur APA. Das würde auf Josipovic zutreffen. Grabar-Kitarovic und Kujundzic, die das rechte Wählerspektrum ansprechen, aber würden sich gegenseitig Stimmen wegnehmen. Ein zweiter Wahlgang, der am 11. Jänner 2015 vorgesehen ist und der den Präsidenten bestimmen wird, ist daher wahrscheinlich.

Im Gegensatz zu den Wahlen vor fünf Jahren, als Ivo Josipovic als Sieger unter insgesamt zwölf Kandidaten hervorging, treten heuer nur vier potenzielle Präsidenten an. All die „Abenteurer“ stecken zurück, wenn sie gegen den Amtsinhaber antreten müssen, so Begic. „Die HDZ konnte sich diesen Luxus, die Wahl auszulassen, nicht leisten, und hat eine Kandidatin gefunden, die auch Mitte-Wähler anspricht“, sagt der Meinungsforscher.

Grabar Kitarovic leistete sich jedoch nach einem erfolgreichen Start einige Patzer. So versicherte die NATO-Diplomatin und ehemalige kroatische Außenministerin und Botschafterin in den USA, dass sie nach Kroatien zurückkehre, um für das Wohl des Landes zu arbeiten. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass sie ihre Posten nur ruhend gestellt hatte. In ihrer Kampagne gingen auch ihre zwei Nachnamen verloren. Die HDZ-Kandidatin ist nun schlicht einfach nur Kolinda.

Laut Begic könnte die Parteistrategie, die Politikerin dem Volk näher zu bringen, etwas schief gelaufen sein, was angesichts der Wichtigkeit des Präsidentenamtes nicht förderlich sei. Eine andere, aber weniger wahrscheinliche Erklärung, sei das Weltbild der traditionellen HDZ-Wähler, die Frauen mit Doppel-Nachnamen als Emanzen wahrnehmen. „Das Weglassen der Nachnamen war ein Fehler.“

Auch andere Experten beurteilen die Kampagne der Kandidatin in kroatischen Medien als nicht allzu gelungen. Die Partei habe einfach nicht die richtigen Leute engagiert, hieß es. HDZ-Chef Tomislav Karamarko, der sich weitestgehend aus dem Wahlkampf heraushielt, sagte kürzlich, dass der Präsident vom Parlament gewählt werden sollte. Kolinda Grabar-Kitarovic teilte diese Ansicht nicht.

Doch auch Präsident Josipovic hat es mit seiner Partei nicht einfach. Premier Zoran Milanovic stieß die Parteistrategen mit seiner Aussage, dass man nicht alle paar Jahre die Verfassung ändern könne, wohl vor den Kopf. „Das ist wie in der SFRJ (Jugoslawien, Anm.)“, sagte Milanovic. Der Kampagnenstart fand dennoch mit dem Premier statt. Die Begegnung zwischen Kandidat und Premier sei etwas ungelenk verlaufen, konstatierten Medien. Doch je weniger Josipovic mit dem Premier in Zusammenhang gebracht werde, desto besser, sind sich Analysten einig, und verweisen auf Mirela Holy. Die Ex-Umweltministerin hatte mit Milanovic gebrochen und ihre eigene Partei gegründet. Die Grünpartei ORaH eroberte die Wähler in Rekordgeschwindigkeit.

Milan Kujundzic schließlich ist ein Protestkandidat. „Er hat seine Niederlage, als er nicht zum HDZ-Vorsitzenden gewählt wurde, nicht verwunden und will Karamarko eins auswischen“, sagt der Meinungsforscher Begic. Kujundzic ist einer der zahlreichen Mediziner in Kroatien, die den Ärztekittel gegen eine politische Position tauschen wollen, um sozusagen die Nation zu heilen. Bei einer TV-Konfrontation gab sich Kujundzic auch väterlich-beschützend gegenüber dem jüngsten Kandidaten, Ivan Sincic. Nicht nur ist Sincic politisch unerfahren, er hat auch die geringsten finanziellen Mittel zur Verfügung. Daher setzt er auf Medien, für die er fast täglich vor einer staatlichen Institution halt macht, etwa der Staatsanwaltschaft oder dem Arbeitsamt. All ihnen unterstellt er, nicht im Interesse der Bürger zu handeln. Bei Sincic werde offensichtlich, wie jung die kroatische Demokratie sei, sagt Analyst Begic. „In anderen Ländern gibt es eine Altersgrenze für Präsidentschaftskandidaten.“