Kroatien-Wahl - Siebentes Jahr der Rezession bricht an
Zagreb (APA) - Kroatien steckt vor der Präsidentschaftswahl am 28. Dezember in einer tiefen Krise. Zwar klingen die Wahlprogramme der vier K...
Zagreb (APA) - Kroatien steckt vor der Präsidentschaftswahl am 28. Dezember in einer tiefen Krise. Zwar klingen die Wahlprogramme der vier Kandidaten zur Belebung der kroatischen Wirtschaft vielversprechend, doch Veränderungen kann nur die Regierung bewirken. Diese jedoch scheint wie gelähmt. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte im dritten Quartal um 0,5 Prozent, das zwölfte Quartal in Folge.
Somit bildet Kroatien, das 2015 in das siebente Jahr der Rezession schreitet, gemeinsam mit Zypern das Schlusslicht der EU in Sachen Wirtschaftsleistung. Mehr als 350.000 Menschen in Kroatien sind ohne Arbeit, weniger als die Hälfte der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter hat einen Job. Die Jugendarbeitslosigkeit beträgt 41 Prozent.
Warum also führt die Regierung keine Reformen durch? Ivan Lovrinovic, Professor an der Wirtschaftsfakultät Zagreb, nennt im Gespräch mit der APA mehrere Gründe. Etwa den Mangel an Fachleuten in den bisherigen Regierungen; Interessensgruppen, die Änderungen verhindern; die Erwartungshaltung, dass durch den EU-Beitritt ein Großteil der Probleme verschwindet sowie die Wahrung des sozialen Friedens.
„Notwendig ist eine Reform der Geldpolitik, um der Wirtschaft aus der Depression zu helfen, eine Reform der öffentlichen Verwaltung, mit dem Ziel, die Administration zu verkleinern. Auch eine Steuerreform ist notwendig“, zähl der Experte die nötigen Reformschritte auf. Auch eine Reform der öffentlichen Unternehmen, des Gesundheits- und Bildungssystems sowie der Landwirtschaft sei wichtig, so Lovrinovic.
Die Idee der kroatischen Regierung, den Schuldenstand zu verringern, indem die Autobahnen einem privaten Betreiber auf mehrere Jahrzehnte vergeben werden, stieß in der kroatischen Öffentlichkeit auf Ablehnung, es wurden Unterschriften für ein Referendum gesammelt. Auch Ökonomen halten nichts davon. „Das wäre nur eine kurzfristige Hilfe, die rasch zusammenschmelzen würde. Die Autobahnen sind ein natürliches Monopol und sie haben in Kroatien einen steigenden Cashflow“, sagt Lovrinovic. Der Schuldenstand lasse sich abbauen, indem das öffentliche Unternehmen restrukturiert werde.
Doch Kroatiens Wirtschaftsprobleme sind nicht nur durch die globale Wirtschafts- und Finanzmarktkrise bedingt, die in Kroatien seit deren Ausbruch Ende 2008 bis heute andauert. Sie sind auch struktureller Natur. So stellte etwa Servaas Doroose, in der EU-Kommission zuständig für Finanzfragen, bei einem Besuch in Zagreb fest, dass Kroatiens Probleme weder mit dem EU-Beitritt, noch mit der Regierung zu tun haben. Kroatien müsse etwa seine Ausgaben und Einnahmen besser planen, da ständige Revisionen des Budgets keine Planbarkeit zuließen, sagte Doroose.
Kroatien befindet sich derzeit in einem Defizitverfahren der EU-Kommission und hat bis zum Frühjahr 2015 Zeit, ein Paket von im Herbst erteilten Empfehlungen umzusetzen. Der neueste EU-Zugang muss demnach das Budgetdefizit verringern, sodass es bis 2016 unter drei Prozent des BIP sinkt, sowie die öffentlichen Schulden reduzieren, damit diese in zwei Jahren weniger als 60 Prozent des BIP betragen.
Das geplante Defizit 2015 wird laut Berechnungen des Finanzministeriums 12,5 Milliarden Kuna oder 3,8 Prozent des BIP ausmachen. Kommt es zu keinen Verbesserungen, könnten der Hahn für EU-Gelder zugedreht werden. Das würde Kroatiens Wirtschaft, die bei der Nutzung der Fonds bisher geschwächelt hatte, zusätzlich zusetzen.
Einen Erfolg aber verbuchte die Regierung mit den Projekten im Rahmen der Kohäsions- und Strukturpolitik, für die die Kommission Mittel von 6,8 Milliarden Euro zwischen 2014 und 2020 zusicherte. Da 2015 in Kroatien Parlamentswahlen stattfinden, rechnen Experten eher mit weiterem Stillstand als mit Reformen.