Internationale Pressestimmen zu Annäherung USA-Kuba

Washington/Havanna (APA/AFP) - Zur historischen Wende im Verhältnis der USA zu Kuba schreibt die „Berliner Zeitung“ am Freitag:...

Washington/Havanna (APA/AFP) - Zur historischen Wende im Verhältnis der USA zu Kuba schreibt die „Berliner Zeitung“ am Freitag:

„Wollen die USA das verlorene Terrain wenigstens mittelfristig zurückgewinnen, müssen sie sich zunächst wieder als vertrauenswürdiger Partner anbieten. Und damit kamen die Migranten, und damit kommt Kuba ins Spiel. Denn die Regierungen Lateinamerikas - und nicht nur die linken unter ihnen - haben diese beiden Fragen zum Lackmustest für die USA erklärt. (...) (US-Präsident Barack) Obama musste zweimal liefern, und er hat geliefert. Er hat sich, sein Land und den Kontinent von einer alten Last befreit.“

„Tagesspiegel“ (Berlin)

„Barack Obama beendet mit seiner Initiative eine geradezu absurde globalpolitische Schieflage. Die transatlantischen Beziehungen der USA sind, trotz gelegentlicher Trübungen, fest wie eh und je. Seit der auf Hawaii geborene Präsident den Blick seiner Landsleute für die Beziehungen zu den pazifischen Nachbarn entschlossen weitete, machte er, ohne dies zu beabsichtigen, offenkundig, dass die Beziehungen zu den geborenen Partnern Washingtons auf demselben Kontinent desaströs sind. Gerade die kompromisslose Kubapolitik hat verhindert, dass die USA jemals aus dem Schatten der früher ziemlich brutal durchgesetzten Machtpolitik im eigenen ‚Hinterhof‘ Mittelamerika heraustreten konnten. Das kann sich jetzt ändern.“

„Die Welt“ (Berlin)

„Obama zieht einen Schlussstrich unter die Isolierung Kubas, und er begründet dies mit der Erfolglosigkeit der bisherigen Politik. Und die versuchte es bekanntlich nicht nur mit Embargos. Mutmaßlich wird es echte Freiheiten auf Kuba frühestens geben, wenn das Brüderpaar (Raul und Fidel Castro, Anm.) (der einstige Maximo Lider Fidel Castro, inzwischen 88, sitzt weiterhin in der Nationalversammlung) die Bühne verlassen hat. In dieser Situation, auf die man sicher keine weitere Dekade lang warten muss, drohen Umbruch und Chaos, und da mögen sich funktionierende Beziehungen zwischen Washington und Havanna auszahlen....“

„de Volkskrant“ (Amsterdam)

„Mit seiner Kuba-Initiative rechnet Obama mit einer Politik ab, die nicht funktioniert hat. Das ist ein Zeichen von Stärke, nicht von Schwäche. (...) Präsident Obama begräbt eine der letzten Leichen des Kalten Krieges und überlässt es zugleich den Republikanern, das Handelsembargo gegen Kuba bis zum bitteren Ende zu verteidigen, während darüber inzwischen selbst die kubanische Gemeinde in den USA tief zerstritten ist. Vor ihm konnten schon die Präsidenten (Bill) Clinton und (Ronald) Reagan einige ihrer größten Erfolge als ‚lame duck‘ feiern. Daraus kann Obama die Hoffnung ziehen, mit seinem verspäteten Bemühen doch noch Wahlversprechen zu erfüllen.“

„Neue Zürcher Zeitung“

„Von einer Normalisierung kann zwar keine Rede sein, denn Washington hält an einschneidenden Wirtschaftssanktionen gegen den kommunistischen Karibikstaat fest, während das Regime in Havanna aus Gründen der Selbsterhaltung nicht auf die ideologische Verteufelung der USA verzichten kann. Aber mit der Öffnung einer Botschaft nach über fünfzig Jahren und der Lockerung des Embargos anerkennt Washington, dass die bisherige Politik der Isolierung Kubas nicht ans Ziel führt. (...) Mit seiner Kursänderung widerlegt Präsident Obama all jene, die ihn nach der Niederlage in den Kongresswahlen voreilig zur „‘lahmen Ente‘ erklärt hatten. Obama ist sehr wohl in der Lage, der Politik weiterhin seinen Stempel aufzudrücken, selbst gegen erbitterte Widerstände. Er scheint diese Rolle, wie sich jüngst schon in der Einwanderungs- und in der Klimapolitik gezeigt hat, geradewegs zu genießen. Wunder sollte man von seinem neuen Kuba-Kurs allerdings nicht erwarten.“

„Le Monde“ (Paris):

„Die sehr effektive konservative kubanisch-amerikanische Lobby, gestützt von den heftigen Ressentiments einer von der Castro-Revolution geprägten Generation, hat die US-amerikanischen Präsidenten nacheinander davon abgehalten, jenseits einer Basis rein pragmatischer Einrichtungen zu handeln. Obama, der sich schon 2008 dafür eingesetzt hatte, die Politik gegenüber Kuba zu ändern, hat sechs Jahre damit gewartet, dies zu tun. Er wählte die Taktik eines Sprungs nach vorn statt kleiner Schritte. Und er hat recht damit.“