Skispringen

Silo oder Schmirn: Teurer Schnee statt billigen Matten

Grünes Engelberg, weiße Schanze: Bei strömendem Regen trainierten die ÖSV-Adler Andreas Kofler und Co. gestern in der Schweiz. Trotz Umwelt und Geld: Auf das weiße Gold wird gesprungen.
© ÖSV/Kotlaba

Auf das weiße Gold will man im Skisprung-Zirkus nicht verzichten, auch wenn die Schanzen es zulassen würden. In Engelberg liegt Kunstschnee.

Aus Engelberg: Susann Frank

Engelberg – Die seltsame Begrüßung kurz vor Weihnachten passt ins Bild: Am Ortseingang lächelt ein junger Mann von einem Riesenplakat, darüber ist geschrieben „Golf in Engelberg“. Und während die Werbung noch ein „schönes Spiel“ wünscht, sieht man im Hintergrund die österreichischen Skispringer bei 5,5 Grad und strömendem Regen von der Schanze hüpfen. Sie landeten gestern auf dem einzigen weißen Streifen, der weit und breit zu sehen ist.

Schnee ist auch im sonst so schneesicheren Schweizer Skiort auf 1015 Höhenmetern absolute Mangelware. Die Qualifikation heute (13.30 Uhr) und die Wettkämpfe morgen und übermorgen (14.15 Uhr/live ORF eins) sind gesichert, weil 2000 Kubikmeter zugeführt und 1000 mit Schneekanonen produziert werden konnten.

Zeigt Frau Holle noch Erbarmen?

Ein teures und aufwendiges Prozedere, das auch den vier Tournee-Veranstaltungsorten Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen droht, sollte Frau Holle weiterhin kein Erbarmen zeigen. Von der Berg­iselschanze sticht bisher nur eines weiß hervor: das zweistöckige VIP-Zelt. Dieses steht längst, der benötigte Schnee fällt nur in Schmirn – per Kanonen. Mit Lastwagen wird das kostbare Gut (10.000 Euro für Herstellung) schließlich 40 km weit nach Innsbruck gekarrt, um insgesamt für weitere 30.000 Euro die nötige Unterlage zu bilden.

Aber wäre sie nötig, um den Wettkampf durchzuführen? Mitnichten. Alle vier Anlagen sind mit Matten ausgestattet und einsatzbereit. Die geldverschlingende und umweltbelastende Schneeproduktion könnte eingestellt werden, wären da nicht Regularien: Die Internationale Wettkampf Ordnung (IWO) des Internationalen Ski-Verbandes schreibt eine Schneelage von 35 Zentimetern im Auslauf vor.

Ein Umdenken trotz der zuletzt mehrmals lauen Winter ist nicht angedacht. „Wir sind als Wintersportverband deklariert“, erklärt FIS-Skisprung-Renndirektor Walter Hofer: „Und die Schanzen sind nur im Sommer für Mattenwettkämpfe zertifiziert.“

Vier-Matten-Tournee keine Option

Für Andreas Kofler ist eine Vier-Matten-Tournee auch keine Option: „Für mich ist Skispringen ein Wintersport und darum muss dieser auch auf Schnee stattfinden. Gerade bei einer Veranstaltung mit so großer Tradition bin ich der Meinung, dass diese so wenig verändert werden soll wie notwendig. Ich akzeptiere, dass wir uns als Sportler mit der Natur arrangieren müssen und im Extremfall wäre ich eher dafür, Springen ausfallen zu lassen, als auf der Matte zu springen.“

Eine Absage käme dem Veranstalter jedoch wieder teuer zu stehen. „Im Skispringen ist es ja kein Problem mehr, Schnee zu erzeugen“, erklärt der FIS-Renndirektor. In einer Art Schneesilo kann er jetzt vor Ort bei bis zu warmen 20 Grad gefertigt werden. „Innerhalb von 14 Tagen ist alles fix und fertig“, betont der gebürtige Kärntner Hofer. Beim Saisonstart im deutschen Klingenthal kam dieses System zum Einsatz – und Tournee-Auftaktort Oberstdorf greift jetzt auch auf diese mobile Anlage zurück.

Im mondänen Engelberg wurde darauf dennoch verzichtet. Schließlich ist es viel billiger, den Schnee an die Schanze zu transportieren, als ihn mit der neuen Anlage zu produzieren ...

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