Faymann gegen Sondergerichte für ausländische Investoren
Der Bundeskanzler befürchtet die Aushebelung der Rechts-, Umwelt- und Sozialstandards durch die Freihandelsabkommen TTIP und CETA.
Von Mario Zenhäusern
Wien –Mit gemischten Gefühlen ist Bundeskanzler Werner Faymann vom EU-Gipfel in Brüssel zurückgekehrt. Zwar ist es dem heimischen Regierungschef bei den Verhandlungen gelungen, die Teilnehmer am Gipfeltreffen über seine massiven Bedenken gegen einzelne Passagen der umstrittenen transatlantischen Handelsabkommen TTIP (mit den USA) bzw. CETA (mit Kanada) zu informieren. Die Zustimmung anderer EU-Staaten hielt sich aber in Grenzen.
„Ich habe in Brüssel vor allem darauf hingewiesen, dass Österreich einem Sonderklagsrecht für ausländische Konzerne nie zustimmen wird“, erklärte Faymann gestern der TT in einem Telefon-Interview. Konkret geht es um eine Passage in den Abkommen, wonach ausländische Investoren bei Rechtsstreitigkeiten unabhängige Sonder-Schiedsgerichte anrufen könnten. „Diese Passage ist weder notwendig noch sinnvoll, sondern gefährlich“, ist Faymann überzeugt, „und meine ablehnende Haltung hat nichts mit Populismus zu tun.“ Es sei nämlich zu befürchten, dass über diese Sondergerichte plötzlich die Umwelt-, Rechts- und vor allem Sozialstandards der Nationalstaaten ausgehebelt werden.
Faymann will zwar nicht den Teufel in Form von chemischen Zusätzen oder dem Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft an die Wand malen. Aber die Gefahr bestehe schon, dass österreichische Bauern, Arbeiter und Angestellte und auch die Umwelt Probleme bekommen, wenn es über diese Sondergerichte plötzlich Schadenersatzklagen hagle.
Er habe in Brüssel jedenfalls klar deponiert, was im Übrigen der österreichische Nationalrat bereits im September in Form eines Vier-Parteien-Antrags beschlossen habe. Faymann: „Man darf etwas nicht akzeptieren, wenn es in die falsche Richtung läuft. Uns geht es um g’scheite Lebensmittel, eine g’sunde Umwelt und gesicherte Arbeitsplätze.“ Solange die nicht garantiert seien – und derzeit liege kein entsprechender Vertragstext vor –, gebe es von ihm keine Zustimmung.
Auf EU-Ebene hat Faymann (noch) wenig Unterstützung. Zwar ist auch Deutschlands Bundeskanzlerin Merkel grundsätzlich skeptisch, die Angst ihres österreichischen Kollegen vor den Sonder-Schiedsgerichten aber teilt sie nicht. Dafür wächst die Zahl der TTIP-Kritiker im Lager der europäischen Sozialisten.