ORF-Finanzdirektor Grasl 2 - Würde gerne bis 2021 Finanzchef bleiben

Wien (APA) - APA: Sie haben wiederholt für mehr Österreich-Programm auf ORF eins plädiert. Die Konzepte dafür liegen bei Fernsehdirektorin K...

Wien (APA) - APA: Sie haben wiederholt für mehr Österreich-Programm auf ORF eins plädiert. Die Konzepte dafür liegen bei Fernsehdirektorin Kathrin Zechner in der Lade, die Umsetzung scheiterte bisher am Budget. Ist der Finanzdirektor da zu knauserig?

Grasl: Zunächst: Wir können nicht mehr ausgeben, als wir haben. Wenn Geld da ist, wird das sofort in das Programm investiert. Alleine im Jahr 2014 waren das außertourliche 17 Millionen Euro. Aber es geht vielmehr darum, im Budget Schwerpunkte zu setzen, und das tut die Fernsehdirektorin in Abstimmung mit Alexander Wrabetz und mir ja auch. Gerade jetzt etwa mit der Landkrimi-Reihe, ein Produkt, das auf ORF eins auch in der jungen Zielgruppe sehr gute Ergebnisse erreicht. Regionale Produkte funktionieren also auch auf ORF eins. Klar hat Zechner recht: wenn man mehr Geld hätte, könnte man auch mehr machen, haben wir aber eben nicht. Dennoch werden wir die österreichische Farbe auf ORF eins jedenfalls stärker betonen, etwa auch mit den Dokus mit Hanno Settele. Wir werden solchen Formaten die Zeit geben, sich zu entwickeln. Das geht auch 2015 weiter, dafür gibt‘s Budget. All das geht aber nur peu à peu und nicht mit Urknall. Der Weg ist jedenfalls der richtige.

APA: Fernsehdirektorin Zechner hat die Programmkompetenz, bei Ihnen liegt die Budget-Verantwortung für das TV-Programm. Führt das nicht zu ständigen Konflikten?

Grasl: Es führt zu fruchtbaren Diskussionen, aber nicht zu Konflikten, denn es ist ganz klar geregelt. Kathi Zechner entscheidet über die Inhalte, ich entscheide über das Geld, die Letztentscheidung liegt bei Generaldirektor Wrabetz. Dass man sich als Finanz-Verantwortlicher laufend über die Inhalte kundig macht und das in der Geschäftsführung diskutiert, ist aber klar. Es gibt wohl keinen Kaufmännischen Direktor, der nur Geld hergibt und nicht auch schaut, ob es optimal eingesetzt ist.

APA: Der neue Kollektivvertrag soll Kosteneinsparungen im dreistelligen Millionenbereich bringen. Wie viel erwarten Sie konkret?

Grasl: Genaue Zahlen nennen wir erst in sechs Monaten, wenn über die Neuanstellungen entschieden ist. In den nächsten zehn Jahren werden aber im ORF um die 1.000 Mitarbeiter in Pension gehen. Da werden auch Leute mit alten Verträgen dabei sein. Dadurch wird es für uns um bis zu 30 Prozent billiger und wir erwarten die nächsten 15 bis 20 Jahre eine Entlastung bis zu 200 Millionen Euro. Wir können damit junge Kräfte und Talente in den ORF holen und für frischen Wind in allen Bereichen des Unternehmens sorgen. Das wird dem ORF gut tun, nachdem wir die letzten sieben Jahre bei Neuanstellungen auf der Bremse gestanden sind.

APA: Die Kosten für Sanierung bzw. Neubau des ORF-Standorts am Küniglberg mit dem neuen multimedialen Newsroom werden auf etwas über 300 Millionen Euro geschätzt. Wie werden Sie dieses Vorhaben finanzieren?

Grasl: Wir werden bis März entscheiden, wie der richtige Finanzierungs-Mix aussehen wird und wie viel Eigenmittel wir verwenden. Im Herbst fällt dann die Entscheidung, wie der Fremdkapitalteil finanziert wird. Aus heutiger Sicht wird das Leasing oder eine Anleihe sein.

APA: Sie gehören mit ORF-Chef Wrabetz zum Team, das derzeit die neue Organisationsstruktur für den ORF entwickelt. Wie soll die Ihrer Meinung nach ausgestaltet sein?

Grasl: Die Seher und Hörer nehmen den ORF vor allem nach Sendern und Kanälen wahr. Ö3, FM4, Ö1, ORF eins, ORF 2, ORF.at - da muss es jeweils eine Person geben, die dafür verantwortlich ist und sich damit beschäftigt, wie sie für ihren Channel das bestmögliche erreichen kann. Derzeit sind wir so wie die letzten Jahrzehnte nach Hauptabteilungen aufgestellt. Aus Kundensicht ist eine Schärfung nach Channels besser und dazu gibt es dann die inhaltlichen Verantwortlichkeiten für Information, Kultur, Sport, Unterhaltung. Und im Operating Model wird festgehalten, wer im Fall des Falles entscheidet, wer über Budget und Personal verfügt. Das wird sicher am intensivsten in der Information diskutiert werden, denn da geht es um Vielfalt und Pluralismus.

APA: Und wer soll im Fall der Information stechen, der Informationschef oder die Senderchefs?

Grasl: Europaweit sind Informationschefs dafür letztverantwortlich, bis hinauf in die Geschäftsführung, und so soll das auch bei uns sein. Aber all jene, die befürchten, es kommt die Reduktion der Pluralität und ein über allem stehender Chefredakteur, die können wir beruhigen. Das wird nicht geschehen. Im Gegenteil: Wenn das Modell so umgesetzt wird, dann wird es mehr Pluralität geben und mehr Chefredakteure im Team, die entscheiden, wie die Nachrichten ausschauen. Es gibt seitens der Geschäftsführung im Rahmen des Standortbeschlusses ja sogar die Garantie, dass es zu keiner Verengung des Binnenpluralismus kommt und auch zu keinem Einheitsbrei. Der ORF lebt schließlich davon, dass Themen in einzelnen Sendungen unterschiedlich aufbereitet werden. Erfolgreiche Medien werden nur bestehen, wenn sie sich von anderen Medien unterscheiden, in Inhalt, Gestaltung und Zugang zu den Themen. Wir wären wirklich unklug, wenn wir unsere Flotte mit einem Einheitsbrei überziehen würden.

APA: Und wie wird es an der Spitze des Unternehmens aussehen? Kommt die Doppelspitze mit Wrabetz und Grasl?

Grasl: Im Operating Model ist die Gesamtführung des Unternehmens kein Thema, und es hat auch im gesamten Prozess der Boston Consulting Group keine Rolle gespielt. Die Zusammenarbeit mit Alexander Wrabetz hat in den letzten fünf Jahren hervorragend funktioniert und hat in den letzten zwölf Monaten eine weitere Verbesserung erfahren. Es gibt eine große Vertrauensbasis und großen gegenseitigen Respekt. Diese Zusammenarbeit funktioniert, und ich würde sie aus heutiger Sicht auch gerne fortsetzen.

APA: Die nächste Wahl des ORF-Direktoriums steht planmäßig in der zweiten Jahreshälfte 2016 an. Wollen Sie danach weiter Finanzdirektor bleiben oder würden Sie auch andere Cluster-Bereiche interessieren, die es dann gibt?

Grasl: Nein, wir haben mit dem Um- und Neubau des Küniglbergs ein Projekt gestartet und am Laufen, das bis ins Jahr 2021 dauern wird. Ich würde es für sinnvoll halten, da jetzt nichts zu tauschen. Das ist ein sehr komplexes Projekt und ich hielte es für klug, es so auch zu Ende zu führen. Dieser Termin liegt am Ende der nächsten Geschäftsführungsperiode.

APA: ORF-General Wrabetz wurde bei der letzten ORF-Wahl von der SPÖ unterstützt, sie von der ÖVP. Wird das auch bei der nächsten ORF-Wahl so sein?

Grasl: Schön wäre es, wenn die Stiftungsräte quer über alle Grenzen - so wie übrigens beim letzten Mal - der Meinung wären, dass wir das gut gemacht haben und der Weg der richtige ist. Und im Augenblick sehe ich auch keinen Grund, warum das nicht so sein sollte.

(Das Interview führte Johannes Bruckenberger/APA)

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