Chodorkowski kritisiert Urteil gegen Putin-Gegner Nawalny in Moskau

Moskau (APA/dpa/AFP) - Der russische Ex-Oligarch Michail Chodorkowski hat die Bewährungsstrafe für den Kremlkritiker Alexej Nawalny als Rach...

Moskau (APA/dpa/AFP) - Der russische Ex-Oligarch Michail Chodorkowski hat die Bewährungsstrafe für den Kremlkritiker Alexej Nawalny als Rache von Beamten für dessen Kampf gegen Korruption bezeichnet. Nawalny war mit Enthüllungen von Wirtschaftsskandalen bekanntgeworden.

Der umstrittene Prozess gegen den 38-Jährigen sei für jene wichtig, die Zielscheibe von Nawalnys Aktionen gewesen seien, meinte Chodorkowski Berichten zufolge am Dienstag. „Es besteht kein Zweifel, dass es keinen Rechtsstaat in Russland gibt“, kritisierte er. Seit seiner Entlassung aus einem Straflager 2013 lebt Chodorkowski in der Schweiz. Er gilt wie Nawalny als Gegner von Präsident Wladimir Putin.

Der Menschenrechtsbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Christoph Strässer, bezeichnete das Urteil gegen Nawalny als „Schlag gegen die kritische Zivilgesellschaft in Russland“ . Er sei betroffen über den Schuldspruch gegen Nawalny und dessen Bruder, erklärte Strässer am Dienstag in Berlin. Der Oppositionelle versuche „auf gewaltlose und friedliche Weise, von seinem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch zu machen“.

Die Teilnahme am politischen Leben müsse ihm weiterhin ermöglicht werden. „Ich fordere die russische Regierung auf, der Kritik von Menschenrechtsorganisationen an diesem Verfahren nachzugehen und friedliche öffentliche Proteste gegen das Urteil zuzulassen“, erklärte Strässer weiter.

Am Morgen hatte ein Gericht in Moskau Nawalny und dessen Bruder Oleg in einem umstrittenen Betrugsprozess schuldig gesprochen. Während Alexej Nawalny zu dreieinhalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt wurde, muss sein Bruder für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis. Nawalny weist die Vorwürfe als politisch motiviert zurück. Nach der Urteilsverkündung rief er seine Anhänger zu Protesten gegen die russische Regierung auf.

Der Kremlkritiker Alexej Nawalny, die Galionsfigur der russischen Opposition, sitzt seit 2013 in Hausarrest. Ihm werden Verstöße gegen Bewährungsauflagen nach einer früheren Verurteilung vorgeworfen. Seine Anhänger meinen, dass der 38-jährige vehemente Gegner des Präsidenten Putin mundtot gemacht werden soll. Putins Machtlager prangert er als „Partei der Gauner und Diebe“ an.

Bekannt geworden ist Nawalny zunächst durch seinen entschlossenen Kampf gegen Korruption und Günstlingswirtschaft. Der Anwalt hat in den USA studiert. Er nutzte seine Internetseiten navalny.ru und rospil.info im Stile der Enthüllungsplattform Wikileaks zur Aufdeckung von Skandalen. Und er entwickelte politische Ambitionen.

Seine Anhänger loben den am 4. Juni 1976 im Moskauer Gebiet geborenen Nawalny als „Bilderbuch-Russen“. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder - und keine zwielichtige Karriere eines Oligarchen oder Politikers aus Sowjetzeiten. Kritiker halten ihn für arrogant und nennen ihn einen Extremisten.

Der blonde Charismatiker gilt als einer, der Massen mobilisieren und Nationalisten im Zaum halten kann. Bei den Bürgermeisterwahlen 2013 holte er in Moskau überraschend mehr als 27 Prozent der Stimmen und damit den zweiten Platz. Auch auf das Präsidentenamt hat er Ambitionen geäußert. Eine Kandidatur 2018 ist wegen seiner Verurteilung aber unwahrscheinlich.