Vorwahl im Likud soll Netanyahu vor Knesset-Wahl den Rücken stärken

Jerusalem (AFP) - In einer landesweiten Vorwahl entscheiden die Mitglieder der größten israelischen Partei, des Likud, am Mittwoch über ihre...

Jerusalem (AFP) - In einer landesweiten Vorwahl entscheiden die Mitglieder der größten israelischen Partei, des Likud, am Mittwoch über ihren nächsten Vorsitzenden. Die rund 97.000 Stimmberechtigten stellen zugleich ihre Parteiliste für die vorgezogenen Parlamentswahlen im März auf.

Es gibt inzwischen keinen Zweifel mehr, dass Benjamin Netanyahu seine Positionen als Chef und als Spitzenkandidat des Likud verteidigen wird. Die Rivalen in seiner Partei hat er im Vorfeld ausmanövriert. Die Knesset-Wahl erklärte er zum Plebiszit über seine vierte Amtszeit als Ministerpräsident.

Der Lagerwahlkampf zwischen einem Mitte-Links-Bündnis und einem vom Likud geführten rechten Block kam sofort auf Hochtouren, nachdem die erst im März 2013 gebildete Regierungskoalition Anfang Dezember auseinandergebrochen war. Alle Umfragen deuten derzeit auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen hin. Der gemeinsamen Liste der Arbeitspartei unter Yitzhak (Isaac) Herzog und der liberalen Partei Hatnua („Bewegung“) der gefeuerten Justizministerin Tzipi Livni werden konstant 24 der 120 Sitze in der Knesset vorhergesagt. Auf den Likud entfallen in den Prognosen 21 bis 24 Mandate.

Links und rechts der beiden Hauptkontrahenten werden jeweils rund 20 weitere Sitze verortet. Zum Königsmacher werden damit drei Parteien, die keinem Lager fest zuzuordnen sind und von ihren jeweiligen Gründern autokratisch geführt werden. Gemeinsam ist dabei dem amtierenden Außenminister Avigdor Lieberman der Partei „Unser Haus Israel“, dem entlassenen Finanzminister Yair Lapid von der Zukunftspartei und dem populären Sozialpolitiker Moshe Kahlon der Partei „Wir alle“, dass sie an keinem Kabinett unter Netanyahu mitwirken wollen.

Der amtierende Regierungschef zieht unterdessen mithilfe seiner Getreuen alle Register, um sich an der Macht zu halten. Im staatlichen Rundfunk verkündete er: „Es geht bei diesen Wahlen nur um eine Frage: Wer führt die nächste Regierung?“ Ihn und den Likud durch eine linke Regierung zu ersetzen sei „das abgestimmte Ziel einer ganzen Reihe von Parteien und Medienvertretern“.

Als erstes musste Netanyahu allerdings seine Partei wieder hinter sich bringen, die in den vergangenen Jahren zunehmend nach rechts gerückt war. „Die Wahlliste wird das aktuelle Gesicht der Partei widerspiegeln“, analysierte am Dienstag die meistverkaufte israelische Zeitung „Yedioth Ahronoth“: „Den stark gewachsenen Einfluss der orthodoxen Siedler in Judäa und Samaria“ (wie in Israel das besetzte Westjordanland genannt wird) „auf Kosten der säkularen Israelis im Rest des Landes; Konservative überwiegen Liberale, Alt siegt über Jung.“

„Inzwischen ist Netanyahu der Führer des linken Likud-Flügels, was schon alles sagt“, zog Yossi Verter, Parlamentskorrespondent der linksliberalen „Haaretz“, einen ähnlichen Schluss. Um sich an der Spitze zu halten, beugte Netanyahu das Parteistatut, indem er seine angestrebte Wiederwahl als Parteichef und die Listenaufstellung auf den gleichen Tag legte und den Termin vorverlegte.

So bootete er den einzigen aussichtsreichen Rivalen in der Partei aus: Gideon Saar, erst vor wenigen Wochen als Innenminister zurückgetreten, blieb nicht genügend Zeit, um eine erfolgreiche Gegenkandidatur vorzubereiten. Nur Danny Danon, Aufsteiger am rechten Parteirand, bewirbt sich nun - chancenlos - ebenfalls um den Parteivorsitz.

Netanyahu ist unterdessen schon einen Schritt weiter: Kurz nachdem sein früherer Koalitionspartner, Außenminister Lieberman, verkündete, er treffe keine Koalitionsaussage und könne sich auch vorstellen, einem Kabinett unter Herzog beizutreten, wurden breite Korruptionsermittlungen gegen Führungspolitiker der ultranationalistischen Partei „Unser Haus Israel“ bekannt. Dass nun täglich neue Details der Ermittlungen an die Öffentlichkeit dringen, schwächt die Erfolgsaussichten der Lieberman-Partei zusätzlich. Für Netanyahu bietet dies die Chance, einen weiteren Rivalen ins Abseits zu manövrieren.