Einem adeligen Geist auf der Spur
Hobbyhistorikerin Burgi Kofler versucht, das Rätsel um einen früheren Einsiedler zu lösen, der in Höhlen hauste und im Volksmund auch „Laserzgeist“ genannt wurde. Sie stieß auf spannende Resultate.
Von Catharina Oblasser
Tristach –„Der Herr Brunswik“: So hieß ein rätselhafter Mann, der in der Zwischenkriegszeit als Eremit bei Tristach lebte, in Höhlen wohnte und als sehr scheu galt. Das sind mehr oder weniger alle Informationen, die Burgi Kofler, Hobbyhistorikerin aus Tristach, vor zwei Jahren hatte. In mühsamer Kleinarbeit hat sie das Leben des Sonderlings versucht zu rekonstruieren.
„Dabei war die erste Hürde schon, seinen Vornamen herauszufinden. Er war allen nur als ‚Herr Brunswik‘ bekannt“, schildert die 67-Jährige. Einige von den älteren Tristachern und Lavantern haben den Einsiedler noch persönlich gekannt. „Doch die meisten Auskünfte, die ich bekam, waren sehr vage.“ Auch die Bezeichnung „Laserzgeist“ für den scheuen Mann war keine heiße Spur. „Dieser Geist ist eine Figur aus einer Sage, die schon viel älter ist. Das wurde alles vermischt.“
Schließlich kam ihr der Zufall zu Hilfe. „Eine Freundin erzählte bei einem Treffen, dass ihr Mann gerade das Archiv der ‚Alpenraute‘ ordnet“, erzählt Burgi Kofler. Die Alpenraute ist ein Osttiroler Alpinverein, der schon vor 100 Jahren bestand. Da der Eremit in der Gegend der Alpenrautehütte im Laserzgebirge umherstreifte, gab es Kontakt mit dem Verein. Und tatsächlich: In den Archiven fand sich der Schriftverkehr zwischen den Alpenrautlern und der Mutter des Eremiten, der sich um die wenigen Habseligkeiten des Mannes dreht. Darin wird „der Herr Brunswik“ als „Hermann“ bezeichnet. Doch auch der vollständige Name brachte noch nicht den Durchbruch. Erst über Verwandte und Kontakte zum Bundesheer stieß sie auf einen Nachfahren, der in Vorarlberg lebt. Der besitzt auch das einzige Foto von Hermann Brunswik, das Kofler bisher auftreiben konnte.
Ihre Forschungen blieben langwierig: „Der Verwandte hat mir erzählt, dass in der Familie nie von Hermann die Rede war.“ Als Grund dafür kann sich die Historikern die schweren psychischen Problemen vorstellen, die den Einsiedler möglicherweise in die Wildnis getrieben haben. Schließlich verbrachte er die letzten Jahre seines Lebens in der psychiatrischen Klinik in Hall. „Die Brunswiks waren adelig und sehr angesehen. Man hat das Schicksal dieses Familienmitglieds wohl deshalb totgeschwiegen.“
Auch nach zwei Jahren und rund 100 Kontakten zu möglichen Informanten hat das Jagdfieber die 67-Jährige nicht losgelassen. Viele Fragen rund um „den Herrn Brunswik“ sind noch offen. Über die Archive der Klinik in Hall will Kofler die Grabstätte ausfindig machen. Ein weiteres Rätsel, das die vierfache Mutter und achtfache Oma lösen will, liegt in einer wissenschaftlichen Arbeit über Blausäure. Urheber: Hermann Brunswik. „Ich will herausfinden, ob es sich dabei um unseren Einsiedler handelt“, sagt Kofler.
Eremit von Tristach bleibt geheimnisvoll
Hermann Brunswik lebte in der Zwischenkriegszeit als Einsiedler in den Lienzer Dolomiten. Daran erinnert heute noch der so genannten Eremitensteig, den Brunswik selbst angelegt hatte. Laut den Nachforschungen von Burgi Kofler wurde Hermann Brunswik am 6. Oktober 1898 in Wien geboren, sein Vater Adolf war Feldmarschallleutnant. Sohn Hermann genoss ebenfalls eine militärische Ausbildung.
Als Eremit lebte Hermann teils in Höhlen, im Winter wich er der Kälte in Ställen oder Schuppen aus und durfte auch in der Alpenrautehütte übernachten. Er starb 1939 im psychiatrischen Krankenhaus Hall. Wo Brunswik begraben liegt, ist ungewiss. Ebenso bleibt die Frage offen, was Hermann Brunswik ausgerechnet nach Osttirol verschlug und was ihn dazu bewegte, als Einsiedler zu leben. Dies umso mehr, als Hermanns Familie aus einem alten, prominenten Adelsgeschlecht stammte und für ihn sicherlich eine ganz andere Laufbahn vorgesehen hatte. Ein anderer Brunswik, Egon, machte sich in den USA als Psychologe einen Namen. Es gibt eine eigene „Brunswik Society“. (co)