Ägyptisches Gericht hob Strafen für Al-Jazeera-Reporter auf

Kairo (APA/AFP/Reuters) - Das oberste Gericht Ägyptens hat die langjährigen Haftstrafen von drei Journalisten des Fernsehsenders Al-Jazeera ...

Kairo (APA/AFP/Reuters) - Das oberste Gericht Ägyptens hat die langjährigen Haftstrafen von drei Journalisten des Fernsehsenders Al-Jazeera aufgehoben und ein neues Verfahren angeordnet. Bis zu einer erneuten Anhörung müssten die drei Mitarbeiter der englischsprachigen Redaktion des arabischen Senders aber weiterhin hinter Gitter bleiben, sagte Verteidiger Mostafa Nagy am Donnerstag.

„Der Kassationshof hat ihre Berufung angenommen und ein neues Verfahren angeordnet“, sagte der Anwalt des australischen Korrespondenten Peter Greste, Amr Al-Deeb, am Donnerstag nach einer halbstündigen Anhörung in Kairo. Zuletzt war spekuliert worden, dass Präsident Abdel Fattah Al-Sisi die drei begnadigen oder ausweisen lassen könnte. Die Verurteilung zu sieben bis zehn Jahren Gefängnis hatte im Sommer international Kritik ausgelöst. Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ hatte nach dem Urteil von einem „Tiefschlag für die Pressefreiheit“ gesprochen.

Die Anklage hatte den Journalisten vorgeworfen, die als Terrorgruppe eingestuften Muslimbrüder unterstützt und Lügen über die Regierung verbreitet zu haben. Bei den Verurteilten handelt es sich um den Australier Greste, den Kairoer Al-Jazeera-Bürochef Mohamed Fahmy - einen Kanadier mit ägyptischen Wurzeln - sowie den ägyptischen Sendeleiter Baher Mohammed.

Greste und Fahmy waren Ende Dezember 2013 in einem in ein Büro umgewandeltes Hotelzimmer festgenommen worden. Laut Anklage arbeiteten sie dort heimlich und ohne die nötige Akkreditierung. Im Juni wurden Greste, Fahmy und ihr Kollege Mohamed wegen angeblicher falscher Berichterstattung zugunsten der islamistischen Muslimbruderschaft zusammen mit vier weiteren Angeklagten zu je sieben Jahren Haft verurteilt.

Gegen Mohamed wurde damals außerdem eine zusätzliche dreijährige Freiheitsstrafe verhängt. Elf weitere Journalisten wurden in Abwesenheit zu je zehn Jahren Gefängnis verurteilt, darunter zwei Briten und eine Niederländerin.

Die ägyptische Staatsführung betrachtet Al-Jazeera als Sprachrohr der Regierung in Katar, wo Al-Jazeera hat seinen Sitz hat. Kairo wirft dem Golfemirat Katar vor, die Muslimbrüder zu unterstützen. Die einflussreiche Bewegung selbst wurde in Ägypten als Terrororganisation eingestuft und verboten. Hunderte ihrer Anhänger wurden in international kritisierten Massenprozessen zum Tode verurteilt.

Die Festnahme der Journalisten sei eine Art „Abrechnung“ für ein politisches Zerwürfnis zwischen Ägypten und Katar gewesen, sagte Fahmys Anwalt Negad al-Borai. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern hatten sich deutlich abgekühlt, als Katar wiederholt den Sturz des ägyptischen Ex-Präsidenten Mohammed Mursi kritisierte, der ursprünglich den Muslimbrüdern angehörte. Kairo warf Al-Jazeera daraufhin eine einseitige Berichterstattung vor.

Im Zuge von Vermittlungen durch Saudi-Arabien schienen sich die Beziehungen zwischen Kairo und Doha zuletzt jedoch zu verbessern. Im Dezember sprach Kairo von einer „neuen Ära“ in den Beziehungen zu Katar. Das Emirat wiederum sagte Ägyptens Staatschef Sisi „volle Unterstützung“ zu. Kurz darauf kündigte Al-Jazeera überraschend die Einstellung seines ägyptischen Senders an.

Fahmys Bruder Adel sagte nach der Gerichtsentscheidung vom Donnerstag, er hoffe, dass sich die Annäherung zwischen beiden Ländern zugunsten der drei Journalisten fortsetze. „Sie bezahlen den Preis für eine politische Krise“, sagte er vor Journalisten. Er habe auf eine sofortige Freilassung gehofft. Grestes Anwalt erklärte, eine mögliche Freilassung könne erst das Gericht anordnen, vor dem der Prozess neu aufgerollt werde.

Al-Jazeera forderte nach der Entscheidung vom Donnerstag eine schnelle Freilassung der inhaftierten Mitarbeiter. Sollten sie weiter in Haft bleiben schade dies auch dem Ansehen Ägyptens.