Experten: Schleuser im Mittelmeer machen große Profite

Genf/Berlin (APA/AFP) - Nach dem zweiten Fall eines „Geisterschiffes“ mit Hunderten Flüchtlingen im Mittelmeer hat die Internationale Organi...

Genf/Berlin (APA/AFP) - Nach dem zweiten Fall eines „Geisterschiffes“ mit Hunderten Flüchtlingen im Mittelmeer hat die Internationale Organisation für Migration (IOM) auf den enormen Verdienst verwiesen, den skrupellose Schleuser aus dem Geschäft ziehen. Schleuser pressten den Flüchtlingen pro Kopf zwischen 1.000 und 2.000 Dollar (830 bis 1.650 Euro) für die Überfahrt ab, hieß es am Freitag in Genf.

An einem Frachter voller Flüchtlinge wie der am Dienstag führerlos im Meer entdeckten „Blue Sky M“ verdienten die Schleuser somit mehr als eine Million Dollar. Der Sprecher berichtete, Menschenschmuggler setzten in jüngster Zeit verstärkt auf große Frachtschiffe statt kleiner Boote, um Migranten heimlich nach Europa zu bringen. Auf diese Weise könnten sie ihre Gewinne maximieren.

Die italienische Küstenwache hatte am Donnerstagabend ein Geisterschiff mit rund 450 Flüchtlingen in der Adria entdeckt. Erst am Dienstag hatte die italienische Küstenwache in einer ähnlichen Situation ein Flüchtlingsdrama verhindert und einen Frachter mit rund 770 Syrern an Bord von einem Kollisionskurs mit der italienischen Küste abgebracht. Die Besatzung hatte die Steuerung blockiert und das Schiff samt Insassen sich selbst überlassen.

In den vergangenen 14 Monaten retteten die italienischen Behörden mehr als 170.000 illegale Einwanderer aus dem Mittelmeer. Nach Schätzungen ertranken bei der gefährlichen Überfahrt von Afrika nach Europa im vergangenen Jahr mehr als 3.000 Menschen.

Die deutsche Regierung erklärte indes, sie sehe keinen direkten Zusammenhang des neuen Phänomens der führerlosen Flüchtlings-Frachter mit der europäischen Grenzsicherung „Triton“. „Das beschriebene Phänomen erfordert aus Sicht der Bundesregierung gegenwärtig keinen Strategiewechsel in der europäischen Asylpolitik“, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

Dass Schleuser nun statt kleiner Boote vereinzelt ältere Handelsschiffe mit besserer Seetauglichkeit einsetzten, sei wohl eher ein Versuch, ihr kriminelles Geschäft auch während der Wintermonate zu betreiben. Die Gewinnspannen bei Schleuseraktionen mit größeren Schiffen seien „enorm“.

Bei dem von der EU-Grenzschutzagentur Frontex koordinierten Einsatz „Triton“ vor der Küste Italiens wurden laut Innenministerium seit November 2014 etwa 13.000 Migranten aus Seenot gerettet. Zudem seien 53 Schleuser festgenommen worden. Insofern habe sich das Einsatzkonzept bewährt, sagte der Sprecher.

Vor dem Beginn von „Triton“ hatte Italiens Marine mit ihrem Einsatz „Mare Nostrum“ Tausende Flüchtlinge und illegale Einwanderer im Mittelmeer aus Seenot gerettet - auch außerhalb der italienischen Küstengewässer. Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl hatten die Beendigung von „Mare Nostrum“ kritisiert.