Mosambik - Im Grand Hotel von Beira spiegelt sich bewegte Geschichte
Maputo (APA) - Das Grand Hotel von Beira: Wo in den 1950er-Jahren in Mosambik die Reichen im Luxus schwelgten, leben heute rund 3.000 Mensch...
Maputo (APA) - Das Grand Hotel von Beira: Wo in den 1950er-Jahren in Mosambik die Reichen im Luxus schwelgten, leben heute rund 3.000 Menschen ohne Strom, Fließwasser oder Kanalisation. Mitten in der zweitgrößten Stadt der früheren Kolonie Portugals erinnern die Ruinen des einstigen „Stolzes Afrikas“ an Fremdherrschaft, Bürgerkrieg aber auch an die Herausforderungen, vor denen Afrikas Politik heute steht.
Das Grand Hotel gehörte zu den größten Luxus-Herbergen der Welt. Der Glanz der fünf Sterne währte aber nicht lange. Mit dem Kampf um die Unabhängigkeit blieben im 1955 eröffneten Hotel bald die Gäste aus. Anfang der 1960er-Jahre formierte sich im Ausland langsam der Widerstand gegen die Kolonialmacht Portugal. Als im Mutterland Diktator Antonio de Oliveira Salazar über seinen „Estado Novo“ (Neuen Staat) regierte, gründeten mit der Unterstützung Tansanias im Jahr 1962 drei Widerstandsbewegungen die gemeinsame Befreiungsfront FRELIMO (Frente de Libertacao de Mocambique).
Wenige Meter von der Hotelruine entfernt steht eine Statue des ersten Präsidenten Mosambiks, Samora Machel. Er hebt den Zeigefinger und blickt erhobenen Hauptes in die Ferne - eine Geste für die der frühere FRELIMO-Armeechef berühmt war. „So eine Statue steht in einigen Städten in Mosambik, er wird verehrt, für viele steht er für die Erlangung der Unabhängigkeit“, erzählte ein Mitarbeiter der Agentur für Österreichische Entwicklungszusammenarbeit (ADA) in Mosambik.
Die Statue Machels ist auch steinernes Mahnmal für die umstrittene Lage Mosambiks im Kalten Krieg. Der erste Vorsitzende der FRELIMO, Eduardo Mondlane, hoffte im Kampf um die Unabhängigkeit auf Unterstützung des Westens gegen die portugiesische Diktatur und bat die USA und die NATO um Hilfe, doch vergebens. In Washington wollte man aus „Respekt“ gegenüber dem Verbündeten Portugal nicht eingreifen. Die Mosambikaner wandten sich Russland und China zu. Mit der Ermordung Mondlanes in einem Attentat 1969 übernahm Machel die Macht in Mosambik und richtete die Politik der Partei und des Landes völlig auf Moskau aus.
Der Marsch des afrikanischen Landes in Richtung Kommunismus machte dem Westen Angst. Als Antwort wurde mit Unterstützung der USA und den Apartheid-Staaten Südafrika und Rhodesien (dem heutigen Simbabwe) als Gegen-Bewegung der Nationale Widerstand RENO (Resistencia Nacional Mocambicana) gegründet. Im Jahr 1977 begann der Bürgerkrieg zwischen der sozialistischen FRELIMO und der rechtsgerichteten Rebellengruppe RENAMO. Millionen von Menschen flüchteten in die Nachbarländer. Im Jahr 1992 schlossen FRELIMO und RENAMO einen Friedensvertrag, zwei Jahre später fanden die ersten freien Wahlen statt.
Die Armee hatte zunächst politische Häftlinge im Keller des Grand Hotels von Beira untergebracht. Sie selber nutzte die 350 anderen Räume. In den mittlerweile ergrauten Wänden des Gebäudes leben heute rund 3.000 Bürgerkriegsflüchtlinge, die sich keine andere Unterkunft leisten können. Auf dem Vorplatz, wo einst teure Autos vorfuhren, stehen neben Müllbergen wackelige Ziegelhütten. Dort besitz Lina ihren eigenen Marktstand. „Ich lebe gerne hier, aber ich habe auch den Marktstand, viele haben hier gar nichts. Die meisten fühlen sich zurückgelassen, vernachlässigt“, erzählt die junge Mutter.
„Die einzige Möglichkeit wäre, das Gebäude abzureißen, aber wohin dann mit den Menschen?“, erklärt Mario Guinea von der Stadtentwicklung. Beira sei für 30.000 Menschen konzipiert, aber mit der Rückkehr von Bürgerkriegsflüchtlingen sei es mittlerweile die Heimat von 500.000 Menschen, so Guinea. Die zweitgrößte Stadt Mosambiks ist die Provinzhauptstadt Sofalas. Diese hat aufgrund ihrer politischen Geschichte eine besondere Bedeutung für das Land.
Es ist die Hochburg der mittlerweile größte Oppositionspartei RENAMO. Entlang der Straßen in Richtung des Gorongosa-Nationalparks kleben nach wie vor die Plakate der regierenden FRELIMO und ihrer Herausforderer für die Wahlen 2014. Für die RENAMO kandidiert seit den ersten Wahlen 1994 Parteichef Afonso Dhlakama. So auch im vergangenen November. Der 63-Jährige melde sich „eigentlich immer nur vor und nach den Wahlen, wahrscheinlich um seinen Machtanspruch geltend zu machen“, erzählt ein Mitarbiter des Nationalparks.
Diesmal tat er es schon etwas früher. Ende 2012 verschanzte sich Dhlakama mit Anhängern in der Zentrale nahe des Gorongosa-Nationalpark und drohte mit Bürgerkrieg und Spaltung des Landes. Zuvor waren neuer Kohle- und Gasvorkommen mit einem Potenzial von bis zu 70 Milliarden Dollar (52 Mrd. Euro) an Einnahmen entdeckt worden. Die RENAMO warf der Regierung Missbrauch von Staatsapparat und -geldern vor. Es folgte ein bewaffneter Konflikt in der Region. Kurz davor unterzeichneten Rebellen und Präsident Armando Guebuza einen Friedensvertrag.
Nach wochenlanger Zählung erklärte die Wahlkommission kurz vor Neujahr das Ergebnis der Abstimmung im November. Mit 57 Prozent der Stimmen wurde der Kandidat der inzwischen marktwirtschaftlich-reformorientierten FRELIMO, Filipe Nyusi, zum Staatsoberhaupt gewählt. Erfolg hatte auch Dhlakama. Er konnte seinen Anteil von 16 Prozent im Jahr 2009 auf 37 Prozent steigern. Der dritte Kandidat Daviz Simango und Bürgermeister von Beira von der neu gegründeten Partei und RENAMO-Splitterpartei MDM (Movimento Democratico de Mocambique) erhielt sechs Prozent.
Die RENAMO erkannte die Wahlergebnisse bisher nicht an. Sie seien nicht glaubwürdig, es gebe zu viel Unregelmäßigkeiten, hieß es aus der Partei. Dennoch, die Regierung soll im Frühjahr stehen. Dass sich dann im Grand Hotel was ändern wird, glaubt Lina nicht. Schon seit Jahren wird erzählt, dass Investoren aus China das Haus kaufen wollen. Es wäre ein neues Kapitel in der bewegten Geschichte der früheren Luxusherberge. Was dann mit ihren jetzigen Bewohnern passieren wird, weiß keiner.