Doping-Bombe soll noch platzen
Vor dem ersten WM-Langlauf-Bewerb verrät Markus Gandler, dass der Fall Johannes Dürr eine interessante Wendung nimmt, die selbst den Tiroler erstaunt.
Aus Falun: Susann Frank
Falun –Bevor das Gespräch vor den wenigen Medienvertretern beginnt, ist bei den sechs österreichischen Langläuferinnen und Langläufern eine gewisse Anspannung zu spüren. Die nervösen Blicke, die ernsten Mienen in dem Hotelsaal in Falun sind Anzeichen dafür, dass die drei Frauen und drei Männer wissen, um die eine Frage nicht herumzukommen – derjenigen zum Dopingfall ihres gesperrten Ex-Kollegen Johannes Dürr.
Zumal sich der positive Test auf das verbotene Mittel EPO vor genau drei Tagen gejährt hat. Zumal die nordische WM das erste Großereignis für das damals schockierte Team ist. Zumal die Zukunftshoffnungen Teresa Stadlober und Co. die Mannschaft bis zur Heim-WM 2019 in Seefeld wieder ins rechte Licht rücken sollen.
„So oft denkt man nicht mehr an den Fall. Natürlich ist es immer mal wieder präsent. Aber wir wollen, dass der Langlauf wieder positivere Schlagzeilen schreibt“, sagt Stadlober. „Sportlich positive“, setzt die Tochter des Staffelweltmeisters von 1999 in der Ramsau, Alois Stadlober, nach.
Ein Nachsatz, der wohl die Wunden des angerichteten Schadens aufzeigt. Dass die Affäre nach den Vorfällen 2002 und 2006 mit Sotschi wieder während Olympischer Spiele bekannt wurde, liegt bleischwer über den Langläufern. Der sportliche Leiter für Langlauf und Biathlon des Österreichischen Ski-Verbands, Markus Gandler, ist daher erleichtert, dass der ausstehende Dürr-Prozess nicht während der WM ansteht. „Einen Prozess wird es geben. Wenn er nichts sagt, kann es auch noch sein, dass er in den Knast geht“, betont Gandler. Der 48-jährige Kitzbühler erklärt, dass er im Bilde der aktuellen Ermittlungen ist: „Es geht ins Ausland.“ Führt die Spur also doch zu Dürrs Schwiegervater Gottlieb Taschler? Der Südtiroler ist mit seinem Sohn und Biathleten Daniel in einen weiteren Dopingfall verwickelt. „Es ist nicht ganz so, mehr darf ich nicht sagen“, erklärt Gandler, fügt dann jedoch vielsagend hinzu: „Es geht in eine Richtung, die mich selbst sehr erstaunt.“ Wann diese Dopingbombe platzen wird, das weiß er nicht. „Es geht darum, dass es in Zusammenarbeit mit Ausländern war und sie aussagen müssen. Die Genehmigungen für die Aussagen ziehen sich in die Länge.“
Somit soll das Team vor einer neuen Dopingwelle beim Großereignis in Schweden verschont bleiben. Jenes Team, das für die Heim-WM in Seefeld aufgebaut wird. So bekommt der Tiroler Markus Bader heute im Skiathlon nur eine Chance, um in Seefeld dann für die Hektik gewappnet zu sein. Seine beste Weltcupplatzierung mit dem 26. Rang in dieser Saison gibt ihm nicht unbedingt eine Startberechtigung. „Ich freue mich, hier zu starten. Für mich ist es wichtig, dabei zu sein“, sagt er. Der 26-Jährige bringt seine guten Trainingsleistungen nicht in die Wettkampfloipe. Die Verantwortlichen wie Cheftrainer Gerald Heigl hoffen, dass Bader durch die WM-Erfahrungen sein „Kopfproblem in den Griff bekommt“.
Insgesamt wäre für Heigl die WM eine erfolgreiche, wenn „wir einen Top-Ten-Platz erreichen und zwei weitere Top-20-Plätze. Das hört sich vielleicht nicht so gut an, aber es wären Erfolgsschritte. Wir können erst Richtung Seefeld Top-Resultate erwarten.“
Bis dahin wird der Fall Dürr aufgearbeitet sein. Bis dahin soll Gandlers neues Langlauf-Konzept, das er Peter Schröcksnadel bei der WM in Falun präsentieren will, aufgegangen sein. Denn obwohl der ÖSV-Präsident nach dem Dopingskandal mit Kürzungen drohte, hält er der Sparte finanziell weiterhin die Stange. „Wir konnten sogar einen teuren Höhentrainingskurs absolvieren. Uns fehlt es an nichts“, sagt Bader, der wie seine Kollegen darüber erleichtert aufatmet und froh ist, als die Fragen zu Dürr beendet sind.