Atomgespräche - Zarif als Ventil zwischen Iran und Westen
Lausanne/Wien (APA) - Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat vor einigen Tagen gesagt, dass man einer Lösung im Atomstreit „...
Lausanne/Wien (APA) - Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat vor einigen Tagen gesagt, dass man einer Lösung im Atomstreit „nie näher als jetzt“ sei. Zwei Wochen vor dem Ablauf der Frist ringen der Iran und der Westen dementsprechend hektisch um eine Lösung.
Ein Name fällt immer wieder, wenn es darum geht, zu erklären, warum der Iran sich diplomatisch so geschickt an den Westen annähern konnte: Mohammad Javad Zarif.
Der redegewandte Außenminister fungiert wie sein Präsident Hassan Rohani unter dem Motto „Kooperation statt Konfrontation“ als Ventil zur Versöhnung mit dem Westen, allen voran mit Washington. Als Werkzeuge helfen ihm die im Iran verbotenen sozialen Netzwerke wie Twitter, Youtube und Facebook. Die Welt redet nicht mehr vordergründig über die Menschenrechtsverletzungen des Iran, sondern schaut auf die „neuen, freundlichen Gesichter“.
So ist es auch Zarif zu verdanken, dass man in der Islamischen Republik diskutiert, ob die jahrzehntelang als Grundpfeiler des Systems geltenden „Tod Amerika“- und „Nieder mit dem Großen Satan“-Rufe noch zeitgemäß sind.
Zarif, der in den USA Jus und Politikwissenschaft studierte und aus seiner Zeit als UNO-Vertreter des Iran in New York über ausgezeichnete Kontakte verfügt, schlug seit seinem Amtsantritt im vergangenen August versöhnliche Töne an und ermöglichte so eine bedeutsame Annäherung im zehn Jahre andauernden Atomstreit.
Es ist eine Ironie des Schicksals, dass er bei seinem Studium an der Universität Denver im US-Bundesstaat Colorado über „Sanktionen als Teil des internationales Rechts“ promovierte. Denn in seiner jetzigen Rolle tut er alles, um die Aufhebung oder zumindest die Lockerung der schmerzhaften westlichen Wirtschaftssanktionen gegen den Iran zu erwirken. Die Zwischeneinigung im Nuklearkonflikt (November 2013) mit dem Westen wurde laut westlichen Diplomaten erst durch „Zarifs professionelles Herantreten an die Materie“ ermöglicht.
Seine Affinität zu Washington wäre ihm fast zum Verhängnis geworden. So musste er bei seinem Amtsantritt vor dem Majles (Parlament) beteuern, dass er keine unbeschränkte Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für die USA habe und seit dem Ende seiner UNO-Tätigkeit nicht mehr in den USA gewesen sei. Auch seine Kinder seien im Iran und nicht in den USA, versicherte er. Einige Hardliner im Majles hatten Zarif zuvor vorgeworfen, ein „Vasall“ Washingtons zu sein.
Solche Vorwürfe aus den Reihen der ultrakonservativen Kräfte erhalten dadurch neuen Auftrieb, weil die Chemie zwischen Zarif und seinem US-Kollegen John Kerry sehr gut ist. Einen gemeinsamer Spaziergang quittieren Irans Hardliner spöttisch mit dem Vorwurf der „Packelei mit dem Feind“.
Neben Rohani und seinem politischen Ziehvater Akbar Hashemi-Rafsanjani ist Zarif zum dritten Aushängeschild für die Neuausrichtung der iranischen Politik geworden. Zwar ist der Diplomat ein uneingeschränkter Kämpfer für die Werte der Islamischen Republik, verliert aber nie sein Gespür für die westliche Welt.
Dabei steckt ein tiefgläubiger Mensch hinter dem Diplomaten. Sehr gerne erzählt Zarif bei Interviews, dass er einer religiösen Familie in Teheran entstammt, bis zum Alter von 15 Jahren keine Musik hörte - und zehn Jahre lang mit seiner besonders streng gesinnten Frau in den USA lebte, ohne einen Fernseher zu haben.
Wenn es eine Rahmeneinigung im zwölf Jahre andauernden Konflikt rund um die iranische Urananreicherung gibt, ist diese laut Kerry zu einem Gutteil den Bemühungen Zarifs zu verdanken.