Formel 1

Aufruhr wegen Mercules: Red Bull droht Formel 1 mit Ausstieg

Lediglich Mercedes hatte am Wochenende in Melbourne Grund zum Feiern.
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Während auf der Rennstrecke beim Saisonauftakt in Melbourne nicht viel los war, ist hinter den Kulissen ein Flächenbrand im Entstehen.

Melbourne - Mercedes schafft auch mit angezogener Handbremse problemlos Doppelsiege, Red Bull droht bereits nach dem ersten Rennen mit dem Ausstieg aus der Formel 1. Das war die Quintessenz des WM-Auftakts 2015 in Australien. Auf der Piste war in Melbourne zwar nicht viel los gewesen, dafür ist hinter den Kulissen ein Flächenbrand im Entstehen. Als „Mercules“ betitelte die australische Zeitung „Herald Sun“ ihren Bericht über die Überlegenheit der Silberpfeile beim Grand Prix von Australien, der knapp an einer Farce vorbeigeschrammt war. Nur 15 statt 20 Autos schafften es auf die Startaufstellung, elf kamen ins Ziel mit Ex-Weltmeister Jenson Button im zweifach überrundeten McLaren-Honda als Letztem.

Vorne hatten Sieger Lewis Hamilton und Nico Rosberg den drittplatzierten Sebastian Vettel im Ferrari um mehr als eine halbe Minute abgehängt, ohne dabei ans Limit gehen zu müssen. „Ich habe nicht viel von Mercedes im TV gesehen“, kommentierte Red-Bull-Teamchef Christian Horner die Suche der Regisseure nach spannenden Zweikämpfen.

Horner fordert regulierende Maßnahmen

Horner forderte den Weltverband FIA umgehend auf, regulierende Maßnahmen zu treffen wie man es einst auch bei Red Bull getan hatte. Lokalmatador Daniel Ricciardo entschuldigte sich nach einem defektreichen Wochenende und Platz sechs bei seinen Landsleuten für die langweilige Renn-Prozession. „Viel los war im Albert Park nicht, sorry“, sagte der sonst so gut gelaunte Red-Bull-Fahrer.

Aus dem Lager des Vierfach-Weltmeisters aus Österreich kam nach dem WM-Auftakt die heftigste Kritik. Einerseits am eigenen Motorenlieferanten Renault, weil die Hoffnungen und Versprechungen auf Verbesserung zumindest in Australien ad absurdum geführt wurden. Mehrere Motorschäden und anhaltender PS-Mangel - angeblich liegt man nun schon 100 Pferdestärken zurück - trafen beide Teams von Dietrich Mateschitz.

Man macht bei Red Bull vor allem die seit 2014 verwendeten, komplexen und teuren V6-Hybridantriebe, die auch Neueinsteiger Honda offenbar nicht hinbekommt, mitverantwortlich dafür, dass die drückende Mercedes-Überlegenheit der Formel 1 zu einer Zweiklassen-Gesellschaft führt und der „Königsklasse“ die Spannung nehmen könnte. Mateschitz könnte bei anhaltender Hinterherfahrerei durchaus irgendwann die Lust an der Formel 1 verlieren, nahm sich Motorsport-Berater Helmut Marko schon in Australien kein Blatt vor den Mund.

Daniil Kwjats Premiere im Red-Bull-Boliden dauerte nur bis zur Einführungsrunde.
© Reuters

Red Bull ist bekanntlich aus Marketing-Gründen in der Formel 1 und genau dort sieht man nicht nur bei den Österreichern großen Handlungsbedarf. „Das aktuelle Reglement killt den Sport“, hält Marko die aktuelle Vermarktung der Formel 1 für erneuerungsbedürftig. „Die Formel 1 muss wieder das geilste, kräftigste und schnellste Paket sein“, hatte der Grazer schon vor dem Wochenende gefordert.

Plus Kosteneinsparungen, etwa durch Verzicht auf Windtunnel, was laut Marko auf einen Schlag 20 Millionen bringen würde. Beim Wunsch nach leistbaren, starken und lauten Triebwerken sieht man sich offenbar mit Formel-1-Geschäftsführer Bernie Ecclestone in einem Boot, der erst unlängst klar gemacht hatte, dass man sich hier ja im Showgeschäft befände.

Änderungen vor 2017 scheinen aber nicht möglich. Für 2016 wäre Einstimmigkeit nötig, da ist Mercedes mit seinen drei Kundenteams aber zu stark. „Wir schauen uns immer den Einsatz und Output an“, erklärte Marko. „Sollte die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht mehr stimmen, ist nicht gesagt, dass wir das ewig weitermachen“, machte der Grazer klar, dass trotz des Rennens auf dem Red Bull Ring die Zeit mit einem Team in der Königsklasse begrenzt sein könnte.

Renault an Toro Rosso interessiert

Dazu passt, dass das zweite Mateschitz-Team Toro Rosso ohnehin zur Disposition steht. Interesse hat ausgerechnet Red Bulls Motorenlieferant Renault, der mit der Außendarstellung unzufrieden ist und wieder ein eigenes Team will. Die schuldenfreie Scuderia wäre zweifellos attraktiver als Force India, Lotus oder Sauber.

Dass die ebenfalls Renault-getriebenen Boliden des Übernahmekandidaten in Australien besser liefen als die des Einser-Teams, war ein Fakt. Red Bull und Renault sind nach den Problemen des Vorjahres zwar enger zusammengerückt, bei den Franzosen fühlt man sich von der forschen Gangart der Österreicher aber offenbar etwas überfahren. Am Mittwoch wird in England Klartext gesprochen. (APA)

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