Wifo/IHS - Österreich wächst 2015/16 schwächer als Europa
Wien (APA) - Der langsame Erholungskurs der heimischen Wirtschaft steht aus Sicht der Konjunkturforscher noch auf wackligen Beinen. Österrei...
Wien (APA) - Der langsame Erholungskurs der heimischen Wirtschaft steht aus Sicht der Konjunkturforscher noch auf wackligen Beinen. Österreich sei von der Überholspur auf die Kriechspur gewechselt und werde 2015 und 2016, anders als früher, schwächer wachsen als Europa, sagte Wifo-Chef Karl Aiginger am Montag. Gehe kein „Reform-Ruck“ durch Österreich, könnte das auch noch länger der Fall sein.
In der Vergangenheit habe Österreich die Verluste durch die Wirtschaftskrise relativ rasch wettgemacht, „aber seit 2013/14 ist uns wegen des Reformstaus die Luft ausgegangen“, meinte der wirtschaftspolitische Sprecher des IHS, Helmut Hofer: „Wir haben gegenüber dem letzten Mal nicht nach oben revidiert, weil das Wachstum aufgrund der Indikatoren eher schwach bleibt.“
Seit der letzten Prognose von Dezember habe sich die Entwicklung in Österreich eher verschlechtert, in anderen Ländern eher verbessert, sagte Aiginger. Die Erholung in Österreich werde „später und schwächer“ als anderswo ausfallen. Bei den kurzfristigen Unternehmenserwartungen sei „unter allen 28 EU-Ländern das Klima in Österreich am schlechtesten“.
Für das erste Quartal gebe es noch sehr schlechte Indikatoren, „sicher erst im Sommer tritt eine Erholung ein“, momentan herrsche „ein Stillstand“, meinte der Wifo-Chef. Mit zwei Jahren weniger Wachstum und - weiteren - zwei Jahren einer höheren Inflationsrate würden in Österreich 2016 „das sechste Jahr in Folge die Reallöhne nicht steigen, das ist hausgemacht“. Dauere heuer das „Winterloch“ zu lange, seien auch die 0,5 Prozent BIP-Plus 2015 fraglich.
Das IHS ist „anders als das Wifo etwas optimistischer, dass die Wirtschaft im ersten oder zumindest im zweiten Quartal doch zulegt“, wie Hofer meinte. Die Indikatoren seien doch eher nach- als vorlaufend. Dass die Produktion pro Kopf in Österreich in den letzten drei Jahren gesunken sei, sei „eine schlechte Entwicklung“. Heuer werde sie stagnieren und 2016 nur etwas zulegen.
Durch das schwache Wirtschaftswachstum könne es keine Erholung am Arbeitsmarkt geben, sagte Aiginger, zudem gebe es hier ein zunehmendes Auseinanderklaffen von Anforderungen und tatsächlicher Qualifikation. Die Beschäftigung werde heuer und 2016 um 0,5 sowie 0,6 Prozent wachsen, konzentriert auf Dienstleistungen, aber auch durch mehr Teilzeit. Das Arbeitskräfteangebot werde um 25.000 sowie um 23.000 wachsen, die Zahl der unselbstständig aktiv Beschäftigten um 18.000 sowie um 23.000.
Die Arbeitslosenrate nach heimischer Berechnung werde in den beiden Jahren auf 8,4 sowie 9,1 Prozent steigen und auch danach über 9 Prozent bleiben. Das sei „die historisch höchste Arbeitslosenrate in Österreich“, so der Wifo-Chef. Die Zahl der Arbeitslosen (ohne Schulungen) werde, nach 319.000 im Vorjahr, heuer im Schnitt auf 350.000 und 2016 auf 369.000 steigen.
Das IHS ist für den heimischen Arbeitsmarkt nur „marginal optimistischer“ als das Wifo. Die nationale Arbeitslosenquote sieht man heuer und 2016 „nur“ auf 8,9 Prozent steigen, der Vorteil von zwei Zehntel Prozentpunkten ergebe sich durch eine Umschichtung von S-Kursen zu anderen längerfristigen Maßnahmen, auch Beihilfen. Die Zahl der aktiv Beschäftigten sieht das IHS heuer um 0,8 Prozent wachsen, 2016 nochmals um 1,1 Prozent. Neue Jobs entstünden vor allem im Dienstleistungssektor, aber auch in der Produktion.
Dass die Inflation heuer nur noch bei 1,2 Prozent und 2016 bei 1,8 Prozent liegen werde, sei „positiv“ - aber noch immer mindestens ein Prozentpunkt höher als im Euroraum, so Hofer. Gegenüber Südeuropa sei das nicht schlimm, aber gegenüber Deutschland.
Der niedrige Ölpreis und die Euroschwäche gegenüber dem Dollar seien „die beiden Triebkräfte, durch die wir für Europa zuversichtlich sind - auch wenn Österreich nicht ganz partizipieren kann“, so Aiginger. Österreich Konjunktur sei momentan noch immer in einer Schwächephase, „das Tempo könnte aber mit Reformen gesteigert werden“. Nach der Steuerreform, deren Kommen einmal „positiv“ sei, brauche man weitere Maßnahmen: „Es muss ein Reformruck durch Österreich gehen, sonst haben wir mehr als zwei Jahre weniger Wachstum als Europa und noch länger eine höhere Inflation.“
Den Euroraum sieht das Wifo 2015/16 um 1,1 und 1,3 Prozent wachsen, etwas über der EZB-Prognose. Für die EU erwartet man 1,5 und 1,7 Prozent Plus - bei Deutschland sollen es 1,3 und 1,6 Prozent sein, da die Binnennachfrage hier stärker und die Exporte günstig seien, so Aiginger. Osteuropa wachse fast zwei Prozentpunkte rascher als Westeuropa, das sei „beachtlich“ - ebenso, dass die USA mit 2,9 und 2,8 Prozent BIP-Plus schon fast bei der alten Normalität zurück seien; für den Welthandel sieht man 4,1/4,2 Prozent plus.
Das IHS ist für die Eurozone mit 1,2 und 1,5 Prozent Wachstum für 2015/16 etwas optimistischer als das Wifo, „weil Deutschland mit jeweils 1,8 Prozent relativ kräftig wachsen wird“, wie Hofer erläuterte. Italien werde sich mit 0,4 und 1,0 Prozent Anstieg aus der Rezession erholen; ebenso sei eine Erholung im Osten angesagt mit 2 1/2 und 3 Prozent Plus in den beiden Jahren.