Wifo/IHS - Österreichs Wirtschaft dümpelt 2015 dahin, 2016 mehr Tempo

Wien (APA) - Österreichs Wirtschaft wächst auch heuer nur schwach, erst für 2016 erwarten die Experten eine Beschleunigung. Wifo und IHS geh...

Wien (APA) - Österreichs Wirtschaft wächst auch heuer nur schwach, erst für 2016 erwarten die Experten eine Beschleunigung. Wifo und IHS gehen für 2015 von unverändert 0,5 bzw. 0,8 Prozent realem BIP-Anstieg aus. Für 2016 erhöhte das Wirtschaftsforschungsinstitut am Montag seine Prognose von +1,1 auf +1,3 Prozent, während das IHS bei +1,6 Prozent blieb.

Die in ihren Grundzügen bekannte Steuerreform wird begrüßt, detaillierte Kommentare hebt sich das Wifo für April auf. Positiv seien die zu erwartenden Nettoeffekte. Das IHS hält schon heuer „leichte Vorzieheffekte“ für möglich, wenn „die Leute merken, dass sie nächstes Jahr mehr Geld haben werden“.

Der langsame Erholungskurs der Wirtschaft steht aus Sicht der Konjunkturforscher noch auf wackligen Beinen. Österreich sei „von der Überholspur auf die Kriechspur gewechselt“ und werde heuer und 2016 schwächer wachsen als Europa, sagte Wifo-Chef Karl Aiginger. Gehe kein „Reform-Ruck“ durch Österreich, könnte das auch noch länger der Fall sein.

„Seit 2013/14 ist uns wegen des Reformstaus die Luft ausgegangen“, meinte der wirtschaftspolitische Sprecher des IHS, Helmut Hofer, vor Journalisten: „Wir haben gegenüber dem letzten Mal nicht nach oben revidiert, weil das Wachstum aufgrund der Indikatoren eher schwach bleibt.“

Seit der Dezember-Prognose habe sich die Entwicklung in Österreich eher verschlechtert, in anderen Ländern eher verbessert, sagte Aiginger. Die Erholung in Österreich werde „später und schwächer“ als anderswo ausfallen.

Fürs erste Quartal gebe es noch sehr schlechte Indikatoren, „sicher erst im Sommer tritt eine Erholung ein“, so der Wifo-Chef. Mit zwei Jahren weniger Wachstum und weiteren zwei Jahren stärkerer Teuerung würden 2016 „das sechste Jahr in Folge die Reallöhne nicht steigen“. Dauere das „Winterloch“ zu lang, seien die 0,5 Prozent BIP-Plus 2015 fraglich. Das IHS ist zuversichtlich, „dass die Wirtschaft im ersten oder zumindest im zweiten Quartal doch zulegt“, wie Hofer meinte.

Durch das schwache Wirtschaftswachstum erholt sich der Arbeitsmarkt nicht. Die Beschäftigung wird laut Aiginger 2015/16 um 0,5 sowie 0,6 Prozent wachsen, speziell bei Dienstleistungen, aber auch durch mehr Teilzeit. Die Arbeitslosenrate nach heimischer Definition werde in den beiden Jahren auf 8,4 sowie 9,1 Prozent steigen und auch danach über 9 Prozent bleiben. Das sei „die historisch höchste Arbeitslosenrate in Österreich“.

Dass die Inflation 2015/16 nur bei 1,2 Prozent und 1,8 Prozent liegen werde, sei „positiv“ - aber noch immer mindestens ein Prozentpunkt höher als im Euroraum, so Hofer. Das Wifo rechnet mit 1,3 und 1,5 Prozent Teuerung.

Das billige Öl und der gegenüber dem Dollar schwache Euro seien „die Triebkräfte, durch die wir für Europa zuversichtlich sind - auch wenn Österreich nicht ganz partizipieren kann“, so Aiginger. Österreich sei momentan noch immer in einer Schwächephase, „das Tempo könnte mit Reformen gesteigert werden“. Nach der Steuerreform, deren Kommen einmal „positiv“ sei, brauche man weitere Maßnahmen, etwa bei Bildung und Föderalismus.

Aiginger: „Die Steuerreform kommt gerade zum richtigen Zeitpunkt, weil sie wieder ein Schub nach vorn sein könnte.“ Das Ziel „mehr Netto vom Brutto begrüßen wir sehr“. In einem Jahr (2016) werde nun „die Progression umgedreht“, also den Menschen etwas „dazugegeben wird statt ihnen etwas wegzunehmen“. Die Progressionskurve falle aber trotz der Reform nicht.

Für das Budgetdefizit (laut Maastricht) geht das Wifo (nach 2,8 Prozent des BIP 2014) für heuer von 2,2 Prozent Abgang und 2016 von einem Minus von 1,9 Prozent aus. Ein ausgeglichener Staatshaushalt und ein strukturell nahezu ausgeglichenes Budget würden wegen des prognostizierten Konjunkturverlaufs und des wirtschaftspolitischen Rahmens im Prognosezeitraum nicht erzielt.

Das IHS sieht die Lage neben Konsolidierung und schwacher Konjunktur auch stark durch die Unsicherheiten bei der Hypo/Heta-Abwicklung geprägt. Für 2015 und 2016 rechnet man mit einem Defizit von 2,1 bzw. 1,8 Prozent des BIP. Wegen der unsicheren Konjunktur und allenfalls nötiger zusätzlicher Mittel für Banken bestünden aber beträchtliche Prognoserisiken. Die sieht das IHS auch durch geopolitischen Spannungen (Ukraine, Syrien, Irak).

Die Steuerreform haben beide Institute noch nicht in ihren Prognosen berücksichtigen können. Das IHS sagt aber, selbst ohne Steuerreform würde das Ziel eines strukturellen Null-Defizits im Jahr 2016 eine weitere Absenkung des Defizits um gut 1/2 Prozentpunkt erfordern.

Den Euroraum sieht das Wifo 2015/16 um 1,1 und 1,3 Prozent wachsen, etwas über der EZB-Prognose. Für die EU erwartet man 1,5 und 1,7 Prozent Plus - bei Deutschland sollen es 1,3 und 1,6 Prozent sein, da die Binnennachfrage hier stärker und die Exporte günstig seien, so Aiginger.

Das IHS ist für die Eurozone mit 1,2 und 1,5 Prozent Wachstum für 2015/16 etwas optimistischer als das Wifo, „weil Deutschland mit jeweils 1,8 Prozent relativ kräftig wachsen wird“, wie Hofer erläuterte.

( 0337-15, Format 88 x 98)