Stimmungstest als Auftakt zu Spaniens Superwahljahr
Die bevölkerungsreichste Region Spaniens hält am Sonntag Regionalwahlen ab. Ein Stimmungstest mit Gewicht: Premier Manuel Rajoy war selten zuvor bei Regionalwahlen so aktiv am Wahlkampf beteiligt.
Von Manuel Meyer/APA
Sevilla/Madrid – Selten hat man Spaniens konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy (PP) so oft in einer Kampagne zu Regionalwahlen auftreten sehen wie derzeit in Andalusien. Spaniens bevölkerungsreichste Region hat auch auf nationaler Ebene großes politisches Gewicht. Bei dem Urnengang am Sonntag handelt es sich also auch um einen Stimmungstest für die Parlamentswahl, die gegen Jahresende stattfinden dürfte.
Es gibt für Rajoy aber noch einen Grund aktiv zu werden: In jüngsten Wahlumfragen rutschte die Volkspartei (Partido Popular) in der Wählergunst so stark wie keine andere politische Formation ab. Korruptionsskandale, in die Dutzende von PP-Politikern involviert sind, sowie eine erst langsam einsetzende Erholung der Wirtschaft, die allerdings noch nicht vom Großteil der Spanier zu spüren ist, lassen die Konservativen laut jüngsten Umfragen von derzeit 50 auf 29 Sitze im andalusischen Regionalparlament in Sevilla absacken.
„Für Sozialisten und Konservative steht viel auf dem Spiel“
So wundert es nicht, dass im Moncloa-Regierungspalast bei Mariano Rajoy und der PP-Parteizentrale in Madrid die Alarmglocken schlagen. Die vorgezogenen Regionalwahlen in Andalusien sind nämlich die ersten in einem Superwahljahr, in dem nicht nur landesweit Kommunal-und Regionalwahlen in 15 der 17 Autonomien stattfinden, sondern auch die wahrscheinlich für Herbst geplanten Parlamentswahlen. Die Konservativen, wie auch die anderen Parteiformationen, sind sich dabei der besonderen psychologischen Bedeutung der Wahlen in Andalusien bewusst, versichert Wahlforscher Jose Pablo Ferrandiz vom renommierten Meinungsforschungsinstitut Metroscopia im APA-Gespräch.
„Was in Andalusien passiert, dürfte den Weg vorzeigen, was danach auf nationaler Ebene passieren kann. Von daher steht in Andalusien vor allem für die Sozialisten und die Konservativen viel auf dem Spiel“, erklärt Ferrandiz vor allem mit Blick auf die beiden neuen Parteien „Podemos“ („Wir können“) und „Ciudadanos“ („Bürger“).
Zwar werden die linkspopulistische Protestpartei und die eher liberale Mitte-Rechts Partei Ciudadanos in Andalusien noch nicht den Erfolg auf regionaler Ebene feiern, der ihnen auf nationaler Ebene bevorstehen dürfte, meint Wahlforscher Angel Cazorla von der Universität Granada. „Doch ein großer Stimmenzuwachs und ein gutes Wahlergebnis in Andalusien wird ihnen Schwung für die darauffolgenden Regional- und Parlamentswahlen geben und sie dem Ziel näher bringen, endgültig der Zwei-Parteienherrschaft der Sozialisten und Konservativen in Spanien ein Ende zu bereiten“, versichert der andalusische Politologe.
Erste Wahlen nach Korruptionsskandalen
So schauen derzeit sämtliche Parteien gespannt nach Andalusien. Die Regionalwahlen werden eine Art Stimmungsmesser sein, der nicht nur zeigt, ob Podemos und Ciudadanos wirklich so stark sind wie erwartet, sondern auch, inwieweit sich die Korruptionsskandale bei den Sozialisten und Konservativen und die generelle Unzufriedenheit der Bürger mit den beiden großen Volksparteien auf das Wahlverhalten der Bürger übertragen.
PP und PSOE hatten sich seit Ende der Franco-Diktatur Mitte der 1970er-Jahre auf gesamtspanischer Ebene an der Macht abgewechselt. In jüngsten Umfragen lag Podemos in der potenziellen Wählergunst mit etwas über 20 Prozent aber auf Platz eins vor PSOE und PP, die bereits die Ciudadanos im Nacken spürten.
In Andalusien schnitten Podemos und Ciudadanos in Umfragen bisher zwar nicht so gut ab, sie dürften jedoch doch eine wesentliche Rolle spielen. Die regierende PSOE muss auch mit Einbußen rechnen, könnte ihre Spitzenposition aber behaupten.