Musik

Fremdartig auch für Fremde

© Sony Music

„Modest Mouse“ haben sich für ihr neues Album „Strangers to Ourselves“ viel Zeit gelassen. Neu erfunden haben sie sich nicht.

Von Silvana Resch

Innsbruck –Fans mussten sich ein Weilchen gedulden, acht Jahre sind vergangen, seit der Vorgänger „We Were Dead Before the Ship Even Sank“ auf Platz eins der US-Bill­board-Charts segelte – trotz bemerkenswert anspruchsvoller Schieflage des Albums. Kaum ist nun aber „Strangers to Ourselves“ erschienen, kündigt Isaac Brock, Gitarrist, Sänger und Songschreiber der US-Indie-Rock-Band Modest Mouse, auch schon gleich einen Nachfolger an.

Dabei hatte sich die Arbeit zu „Strangers to Ourselves“ über Jahre hinweg gezogen. Erst wurde mit Big Boi, der einen Hälfte des Hip-Hop-Duos OutKast, in Atlanta gearbeitet, dann ging es nach Portland, Oregon, zu Nirvana-Bassist Krist Novoselic. Deren Namen sind nun auf „Strangers to Ourselves“, dem nunmehr sechsten Studioalbum der Band aus Issaquah, Washington, aber nicht zu finden, dafür ist James Mercer, der Frontmann von The Shins, mit seinem Gesang vertreten.

Veränderungen gibt es auch im Kernteam dieser 1993 gegründeten Band, die seit dem Weggang von Bassist Eric Judy auf Isaac Brock und Drummer Jeremiah Green geschrumpft ist. Abgesehen davon, dass ein großartiger Ohrwurm wie etwa „Float on“ auf „Strangers to Ourselves“ fehlt, klingen die zuckend-energetischen Songs des kauzig-klugen Frontmannes aber wie eh. Statt Geschichten von Schiffen und Tankern, wie sie auf dem Vorgänger erzählt wurden, nehmen nun Tiere einen verhältnismäßig großen Raum ein. Da gibt es Haie, Tiger, Schildkröten und Kojoten. Ein solcher spielt auch im Video zur Nummer „Coyotes“ die Hauptrolle. Dessen Straßenbahnfahrt durch Portland beruht auf einer Begebenheit, die sich zwölf Jahre zuvor in Oregon zugetragen hat.

Die zwischen Melancholie und Euphorie dahinrumpelnde Nummer „The Best Room“, in der alle Vorzüge dieser Band aufblitzen, geht auf ein noch länger zurückliegendes Ereignis zurück. 1997, auf einem Flug von Montana nach Arizona, will Brock Zeuge dessen geworden sein, was als so genannte „Phoenix-Lichter“ in die Liste der angeblichen Ufo-Sichtungen eingegangen ist. In einem Interview sprach der charismatische Frontmann von einem einschneidenden Erlebnis– auch wenn in dem Song von Ufos nun gar keine Rede ist. Vielmehr wird ein tristes Hotelzimmer besungen, Polizei-Klebebänder versperren die Toilette am Gang. Mit dem seltsamen Track „Pistol“, einem parodistischen Ausflug ins Electroclash-Fach, zu der der Mörder von Gianni Versace inspirierte, soll auch der Ausreißer nach unten auf diesem stilistischen Sammelsurium nicht verschwiegen werden.

Zentrales Thema der insgesamt fünfzehn Songs ist die Entfremdung des Menschen von seiner Umwelt. Das Albumcover ziert eine Satellitenaufnahme einer Reißbrett-Siedlung im US-Bundesstaat Arizona, ein Resort für Menschen ab 55. Diese geometrischen Formen dürften selbst von einem Ufo aus gesehen fremdartig scheinen.

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