Israel-Wahl - Exit Polls: Likud und Zionistische Union gleichauf
Jerusalem (APA/AFP/dpa) - Bei der vorgezogenen Parlamentswahl in Israel zeichnet sich eine Pattsituation zwischen den beiden Hauptkontrahent...
Jerusalem (APA/AFP/dpa) - Bei der vorgezogenen Parlamentswahl in Israel zeichnet sich eine Pattsituation zwischen den beiden Hauptkontrahenten ab. Laut Nachwahlbefragungen lagen die rechtsgerichtete Likud-Partei des amtierenden Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu und das Mitte-links-Bündnis Zionistische Union von Oppositionsführer Issac (Yitzhak) Herzog in etwa gleichauf.
Nach Prognosen der Fernsehsender Channel 1 und Channel 10 kamen beide Lager auf jeweils 27 Parlamentssitze. In einer dritten Nachwahlbefragung des Privatsenders Channel 2 errang der Likud bei der Abstimmung am Dienstag 28 Mandate und damit eines mehr als die Zionistische Union aus Herzogs Arbeitspartei und der Zentrumspartei Hatnua von Ex-Außen- und -Justizministerin Tzipi Livni.
Drittstärkste Fraktion in der 20. Knesset wird den ersten Prognosen zufolge erstmals die Vereinigte Liste der arabischen Parteien. Auf sie entfielen demnach zwölf oder 13 der insgesamt 120 Sitze in der Knesset.
Endgültige Ergebnisse werden nicht vor Mittwoch in der Früh erwartet. Nach der Bekanntgabe des amtlichen Wahlergebnisses beauftragt Israels Staatspräsident Reuven Rivlin den aussichtsreichsten Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten mit der Bildung einer Koalition; zuvor führt er Sondierungsgespräche mit den Fraktionsführern.
Es ist üblich, dass der Spitzenkandidat der stärksten Fraktion den ersten Versuch zur Regierungsbildung unternehmen darf. Rivlin kann aber auch sogleich jenen Mandatar beauftragen, der eine Parlamentsmehrheit hinter sich versammelt hat bzw. die klar besten Aussichten auf Schaffung einer Mehrheit hat, obwohl er nicht die stimmenstärkste Partei anführt. In einer Pattsituation kann das Staatsoberhaupt auch auf die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit drängen, wie in Israel Große Koalitionen der beiden stärksten Fraktionen genannt werden.
Rivlin sprach sich aber gleich nach Veröffentlichung der Exit Polls für die Bildung einer Großen Koalition aus Likud und Zionistischer Union aus. „Ich bin überzeugt, dass nur eine Einheitsregierung den raschen Zerfall der israelischen Demokratie und baldige Neuwahlen verhindern kann“, sagte Rivlin der Zeitung „Haaretz“ zufolge am späten Dienstagabend. Rivlin hatte vor der Wahl bereits angedeutet, eine solche Konstellation zu bevorzugen. Eine Einheitsregierung haben sowohl Netanyahu als auch Herzog vor der Wahl abgelehnt.
In den letzten Umfragen vor der Wahl war die Zionistische Union zwischen drei und fünf Mandaten vor dem Likud gelegen. Die Wahlbeteiligung lag laut dem Nachrichtenportal ynet zwei Stunden vor Wahlschluss bei 65,7 Prozent. Schätzungen zufolge dürften am Ende zwischen 70 und 72 Prozent der rund 5,8 Millionen wahlberechtigten Israelis ihre Stimme abgegeben haben.
Zu der vorgezogenen Parlamentswahl nur zwei Jahre nach dem letzten Urnengang 2013 ist es gekommen, nachdem Livni und Yair Lapid von der Zukunfts-Partei (Yesh Atid) Ende des Vorjahres im Streit mit Netanyahu um die Regierungspolitik ihrer Ministerämter enthoben wurden und die Mitte-Rechts-Koalition zerbrach.
Es dürfte angesichts der Übermacht rechter Parteien für Netanyahu einfacher werden, eine Mehrheits-Koalition abseits der Zionistischen Union zu bilden. Dafür würde er nach den vorliegenden Ergebnissen aber u.a. auf die neue Mitte-Rechts-Partei Kulanu von Moshe Kahlon, eine Likud-Abspaltung, angewiesen sein.
Netanyhau löste am Wahltag mit Warnungen vor „Massen arabischer Wähler“ scharfe Kritik aus. „Kein führender westlicher Politiker würde es wagen, solche rassistischen Kommentare abzugeben“, schrieb Shelly Yachimovich vom Zionistischen Lager am Dienstag auf Facebook. Netanyahu hatte vorher auf Facebook rechtsorientierte Wähler zur Rettung seiner Machtbasis aufgerufen. „Die Herrschaft der Likud-Partei ist in Gefahr“, schrieb Netanyahu. „Arabische Wähler gehen in Massen in die Wahllokale, linksorientierte Organisationen bringen sie in Bussen dorthin.“ Netanyahu warf linksorientierten Organisationen und ausländischen Regierungen vor, arabische Parteien mit Riesensummen zu unterstützen.
Landesweit waren am Dienstag mehr als 10.000 Wahllokale geöffnet. Das neue Parlament soll sich am 31. März konstituieren.
Auf Platz vier in den Nachwahlbefragungen folgte die Zukunfts-Partei (Yesh Atid) von Yair Lapid mit etwa zwölf Mandaten, dahinter Kulanu (Wir Alle) mit bis zu zehn Mandaten und die ultrarechte Siedlerpartei von Naftali Bennett (Das Jüdische Heim) mit bis zu neun Mandaten. Die strengreligiöse Shas kam auf sieben, das ebenso ultraorthodoxe Vereinigte Tora-Judentum auf bis zu sieben und die linksliberale Meretz auf fünf Sitze. Die ultrarechte Partei Israel Beiteinu von Außenminister Avigdor Lieberman erhielt ebenfalls fünf Sitze.
(Grafik 0340-15, Format 88 x 115 mm)