Israel-Wahl - Netanyahu gelang Aufholjagd
Jerusalem (APA/dpa) - Er hatte vor „Massen arabischer Wähler“ gewarnt und der Idee eines Palästinenser-Staates abgeschworen, um rechte Wähle...
Jerusalem (APA/dpa) - Er hatte vor „Massen arabischer Wähler“ gewarnt und der Idee eines Palästinenser-Staates abgeschworen, um rechte Wähler anzulocken - so sehr befürchtete der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu (65) offenbar eine Niederlage bei der Parlamentswahl. Seine Appelle scheinen Wirkung gezeigt zu haben.
Ersten Prognosen zufolge liegt seine Likud-Partei gleichauf mit der Zionistischen Union von Oppositionsführer Isaac Herzog. Die letzten Umfragen vor der Wahl hatten Herzog noch einen klaren Vorsprung beschieden.
Sicherheitspolitik war Netanyahus zentrales Wahlkampfthema. Der 65-Jährige präsentierte sich vor allem als Beschützer Israels - und fuhr gleichzeitig eine Angstkampagne. Er warnte vor Gefahren, gegen die nur er sich stemmen könne: ein Palästinenser-Staat im Westjordanland, das Einsickern der IS-Terrormiliz in einen solchen Staat oder einen atomar bewaffneten Iran.
Nur einen Tag vor der Wahl schwor Netanyahu einer Zwei-Staaten-Lösung ab, bei der Israel und Palästinenser friedlich Seite an Seite leben - eine Forderung der internationalen Staatengemeinschaft. Die Gründung eines Palästinenser-Staates sei so, als ob man persönlich „Abschussrampen“ für Raketen gegen Israel aufstellen würde, beschrieb Netanyahu das Feindbild.
Doch nicht alle Probleme Israels ließen sich durch eine Politik der Unnachgiebigkeit und dem Beharren auf dem Status quo lösen, sagen Kritiker. Sie bemängeln, dass Netanyahu andere Themen wie die unter seiner Regierung rasant gestiegenen Mietpreise und Lebenserhaltungskosten nicht anpacke, sondern auszusitzen versuche. Vor allem im Konflikt mit den Palästinensern scheue Netanyahu entscheidende Schritte.
Verhandlungen über eine Zwei-Staaten-Lösung waren vor knapp einem Jahr geplatzt. Stattdessen forcierte Netanyahu in den vergangenen Jahren den Siedlungsausbau in den Palästinenser-Gebieten. Dieser gilt beispielsweise aus Sicht der Europäischen Union als größtes Hindernis auf dem Weg zu einer Friedensregelung im Nahen Osten. Ex-Geheimdienstchef Meir Dagan warf dem Taktierer Netanyahu zuletzt vor, Israel in seine bisher schlimmste Führungskrise manövriert zu haben. Kritiker halten ihm auch vor, mit Blick auf die Wahlen in Israel das Verhältnis zu US-Präsident Barack Obama vorsätzlich belastet zu haben.
Der 1949 in Tel Aviv geborene Netanyahu mit dem Spitznamen „Bibi“ trat für eine vierte Amtszeit an. Er ist in dritter Ehe verheiratet, Vater von drei Kindern und zweifacher Großvater. Netanyahu war bereits von 1996 bis 1999 Ministerpräsident und ist seit 2009 wieder durchgängig im Amt. Während seiner Zeit in der Armee diente Netanyahu als Kommandant der Elite-Einheit „Sayeret Matkal“.