„Blockupy“

Anti-EZB-Proteste: Verletzte bei massiven Krawallen in Frankfurt

Heute wurden die neuen EZB-Türme in Frankfurt offiziell eröffnet. Die befürchteten Ausschreitungen ließen nicht lange auf sich warten: Mehrere Polizeiautos und Müllcontainer wurden angezündet. Mehr als 80 Polizisten und viele Demonstranten wurden verletzt. Friedliche Demonstranten zeigten sich enttäuscht.

Frankfurt - Bei heftigen Zusammenstößen rund um die Eröffnung der neuen EZB-Türme in der deutschen Bankenmetropole Frankfurt sind nach Angaben der Polizei mindestens 88 Beamte verletzt worden. Aktivisten der kapitalismuskritischen Blockupy-Bewegung berichteten von zahlreichen Verletzten auch in ihren Reihen.

Die Polizei setzte Wasserwerfer, Tränengas und Schlagstöcke ein. Demonstranten warfen Pflastersteine und Böller gegen Wasserwerfer. Mehrere Menschen wurden festgenommen. Die Polizei setzte rund 550 mutmaßliche Krawallmacher in der Innenstadt fest. Sie sollen Straftaten begangen und randaliert haben.

Sanitäter im Dauereinsatz

„Die Atmosphäre ist aggressiv“, sagte Polizeisprecherin Claudia Rogalski am Morgen. Im Frankfurter Ostend, wo die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Sitz hat, gab es kaum eine Straßenkreuzung, an der nicht Mülltonnen, Autoreifen oder Fahrzeuge brannten. Demonstranten versuchten, das weiträumig abgesperrte Gelände der EZB zu stürmen, wurden aber von der Polizei gestoppt. Acht Polizisten seien dabei verletzt worden, hieß es, 80 weitere durch Reizgas oder ätzende Flüssigkeiten.

Ein Sprecher des Blockupy-Bündnisses berichtete, beim Einsatz von Wasserwerfern, Tränengas und Schlagstöcken durch die Polizei seien viele Demonstranten verletzt worden. Rund um das EZB-Gelände waren Teams der Rettungssanitäter im Dauereinsatz.

Die Polizei war massiv gegen die Protestierer vorgegangen, nachdem im Umkreis des mit Polizeiabsperrungen und NATO-Draht aufwendig abgesicherten EZB-Geländes mehrere Brände gelegt worden waren. Aus der Menge der Demonstranten wurden Steine und Böller gegen Wasserwerfer geworfen.

Mehrere Demo-Märsche am Nachmittag

Um 11 Uhr eröffnete die EZB ihre neue Zentrale, in der seit mehreren Monaten gearbeitet wird, mit einem kleinen Festakt offiziell. Die Blockupy-Bewegung hatte angekündigt, die Feier mit Blockaden und Aktionen des zivilen Ungehorsams verhindern zu wollen. Die Polizei rechnete im Tagesverlauf mit mindestens 10.000 Demonstranten. Am Nachmittag waren mehrere Demonstrationszüge geplant.

Vor dem EZB-Gelände hatte eine Mahnwache von Kapitalismusgegnern am Morgen zunächst ruhig begonnen. „Wir haben mit Gewalt gerechnet, wir haben ausreichend Kräfte im Einsatz“, sagte die Polizeisprecherin. „Dass es so schnell kommt - ich hätte auch gewünscht, dass es anders gekommen wäre.“

Friedliche Demonstranten enttäuscht

Ein dänischer Aktivist sagte: „Ich bin enttäuscht darüber, wie das läuft.“ Ein weiterer äußerte bereits am Morgen seine Enttäuschung über die Krawalle: „Kaum hat unser friedlicher Protest begonnen, ist auch schon alles kaputt.“ Das kapitalismuskritische Bündnis Blockupy hatte zuvor angekündigt, friedlich vor dem EZB-Bau zu demonstrieren.

EZB-Chef will auch Demonstranten „mitnehmen“

„Das Gebäude ist ein Symbol für das Beste, was Europa gemeinsam erreichen kann“, sagte indes EZB-Präsident Mario Draghi in seiner Eröffnungsrede im Gebäude.

EZB-Chef Mario Draghi bei seiner Eröffnungsrede.
© REUTERS

„Ich gehe davon aus, dass wir auch diejenigen mitnehmen können, die sich ausgeschlossen fühlen, einschließlich viele der Protestierenden, die in Frankfurt diese Woche zusammengekommen sind“, sagte der EZB-Präsident. Draghi setzt dabei auf die weitere Integration in Europa. Das habe den Europäern bereits über drei Generationen viele Vorzüge gebracht.

„EZB sperrt praktisch die gesamte Presse aus“

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels warf der EZB unterdessen vor, den Meinungsbildungsprozess massiv zu behindern. „Die EZB sperrt praktisch die gesamte Presse aus, das ist eine unerträgliche Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, Alexander Skipis. Nach den Vorgaben der Notenbank sind lediglich einige Nachrichtenagenturen und der Hessische Rundfunk zu der Eröffnungsfeier zugelassen.

Die EZB nutzt die neuen 185 und 165 Meter hohen Glastürme im Frankfurter Ostend bereits seit mehreren Monaten. Bei dem kleinen Festakt sprechen EZB-Chef Mario Draghi, Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir und Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann. (APA/AFP/Reuters)

Bisherige Blockupy-Proteste am Sitz der EZB

Das linke, bankenkritische Blockupy-Bündnis protestiert seit 2012 am Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt. Einige größere Aktionen:

19. Mai 2012: Mehr als 20.000 Menschen demonstrierten weitgehend friedlich gegen Bankenmacht und Sparpolitik - begleitet von einem Großaufgebot der Polizei. Viele Geschäfte und Banken schlossen vorsichtshalber ihre Türen.

31. Mai 2013: Proteste vor der EZB, der Deutschen Bank und im Flughafen.

1. Juni 2013: Bei einer Demonstration von Blockupy kesselt die Polizei fast 1.000 von etwa 10.000 Teilnehmern stundenlang ein. 45 Menschen werden festgenommen und viele verletzt. Der Polizeieinsatz sorgt deutschlandweit für Kritik und beschäftigt immer noch die Gerichte.

22. November 2014: Nach einer Demonstration von 2.000 bis 3.000 Blockupy-Anhängern wird der EZB-Neubau mit Farbbeuteln und Steinen beworfen. Rund 80 Demonstranten waren über Bauzäune geklettert und so auf das Gelände gelangt. Mehrere Polizisten und Demonstranten werden leicht verletzt. Die Demonstration war Höhepunkt eines friedlichen viertägigen Blockupy-Festivals mit rund 500 Teilnehmern.

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