Wiener Forscher fanden Ursprung der vorne-hinten Körperachse

Wien (APA) - Wo bei Menschen, Bienen und Fröschen der Bauch und wo der Rücken sein wird, entscheidet in ihrer Entwicklung ein System aus Sig...

Wien (APA) - Wo bei Menschen, Bienen und Fröschen der Bauch und wo der Rücken sein wird, entscheidet in ihrer Entwicklung ein System aus Signalstoffen. Dieses gibt es aber auch bei den kreisrunden Seeanemonen, fanden österreichische Forscher mit Kollegen heraus. Das vorne-hinten Entwicklungssystem entstand also bei gemeinsamen Vorfahren vor über 600 Millionen Jahren, erklärten sie im Fachblatt „Cell Reports“.

„Nesseltiere wie die Seeanemone werden in vielen Lehrbüchern als radiärsymmetrisch bezeichnet, das heißt, sie hätten nur eine Körperachse, während die meisten andere Tiere zwei haben“, erklärte Ulrich Technau vom Department für Molekulare Evolution und Entwicklung der Universität Wien, der die Studie leitete, gegenüber der APA. Bei ihnen ist nur die Kopf-Fuß (oral-aboral) -Achse erkennbar, während es etwa bei Wirbeltieren auch eine offensichtliche Rücken-Bauch Achse gibt.

Diese Rücken-Bauch Achse wird von einem Gradienten aus Signalmolekülen bestimmt, den sogenannten BMP (Bone morphogenetic protein) Eiweißstoffen. Sie arrangieren unter anderem die Lage des Zentralen Nervensystems, also des Gehirns und des Rückenmarks. Bei Insekten und Würmern liegt es auf der Bauch-Seite, bei Wirbeltieren am Rücken.

Die Forscher fanden nun heraus, dass auch Seeanemonen ein solches BMP-Signalsystem besitzen und untersuchten es genauer. Es bildet in einem frühen Entwicklungsstadium ein „erstaunlich komplexes Netzwerk sich gegenseitig regulierender Komponenten“, berichteten sie. „Dadurch wird in den Seeanemonen eine innere Querachse aufgebaut, die jedoch anders interpretiert wird als etwa bei Wirbeltieren“, so die Wiener Wissenschafter. Es entsteht kein zentrales Nervensystems, sondern die Position von inneren Einfaltungen (Septen) wird festgelegt, in denen sich Längsmuskeln und Geschlechtsdrüsen bilden.

Durch mathematische Modellierungen analysierten die Forscher auch, welche Teile dieses Netzwerks seit den gemeinsamen Vorfahren gleich geblieben sind und welche sich verändert haben, um neue Funktionen zu übernehmen. „Das BMP-Netzwerk der Seeanemonen ist also nicht nur ein Beispiel für ein Signalsystem, das über 600 Millionen Jahre in den Aufbau der Körperachsen involviert ist, sondern wir lernen auch daraus, wie sich solche wichtigen Netzwerke weiter entwickeln können“, so Technau.

(SERVICE - Internet: http://dx.doi.org/10.1016/j.celrep.2015.02.035)