Nach einer negativen Saison tankt Skispringer Kofler positive Energie
Die heutige Qualifikation zum Weltcup-Finale in Planica würdigt Andreas Kofler keines Blickes. Krisengeschüttelt schaut er, auf die Beine zu kommen.
Von Susann Frank
Innsbruck –Andreas Koflers Fernseher bleibt aus. Während heute TV-Bilder das Einzel aus dem slowenischen Planica für das Skifliegen morgen (15.15 Uhr/ORF eins live) in die heimischen Stuben transportieren, betätigt sich der 30-Jährige, dessen Saison schon beendet ist, im Freien. Dabei bevorzugt der Stubaier Skifahren, Walkingeinheiten oder körperliches Training bei seinem Fitness- und Vertrauenscoach Gerhard Außerlechner.
„Ich brauche Abstand, Zeit für mich. Ich will jetzt einmal nichts mehr wissen vom Skispringen“, sagt er. Die für ihn problematische Saison hat Spuren hinterlassen. Nur zweimal landete der zu den ehemaligen Superadlern zählende Kofler unter den Top fünf. Sein letzter Stockerlplatz liegt über ein Jahr zurück. Im Endspurt hagelte es Rückschläge, wie einsatzlos und verfrüht von der WM abzureisen, danach keinen Platz mehr im Weltcup-Kader zu bekommen, und zu guter Letzt wurde ihm von den russischen Behörden auch noch das Visum für den Continentalcup in Russland verweigert.
„Das hat mich alles schon sehr getroffen“, räumt der zweifache Einzel-Silbermedaillengewinner ein (WM und Olympia). Insbesondere die Nicht-Nominierung für die vergangene Skandinavientour kostete Kraft. „Ob ich alles fair fand oder nicht, sei dahingestellt“, sagt der zwölffache Weltcup-Sieger. Im nächsten Atemzug erwähnt der Vierschanzentourneesieger von 2010, mit dem 27. Platz im Gesamtweltcup vor dem Finale immer noch viertbester Österreicher zu sein. Durch eine fehlende Top-acht-Weltcup-Platzierung rutscht der Gesamtweltcup-Zwölfte der Vorsaison auch im ÖSV-Status weiter ab.
Statt im Nationalteam wird er im A-Kader gereiht werden und somit auf Material-Zuwendungen seitens des Verbandes verzichten müssen.
Aufgrund der negativen Erlebnisse will er derzeit auch nichts vom Skispringen wissen. „Die letzte Zeit ist brutal anstrengend gewesen, weil sie viel mehr Energie kostet, als wenn du von Erfolgserlebnissen beflügelt wirst“, erklärt Kofler.
Die Skisprunglatten in die Ecke stellen will er allerdings nicht („Wieso? So alt bin ich noch nicht.“), vielmehr gedenkt das schon oft krisengeschüttelte Stehaufmännchen nach der Saisonanalyse kommende Woche wieder sein Schuhprojekt hervorzukramen und dann im Mai wieder voll einzusteigen.
Anstatt des gängigen Lederschuhs baute der mit Freundin Miriam in Fulpmes lebende Tiroler den vergangenen Sommer in seiner Werkstatt an einem neuen Hartschalenmodell. Auf dieses hatte er sich vor dem Weltcup-Auftakt ganz und gar eingestellt. Doch durch das Veto des Materialkomitees des Internationalen Ski-Verbandes FIS kurz vor der Saison musste er auf das seit 1970 (damals noch Parallelstil) herkömmliche Produkt zurückgreifen.
Es war das erste negative Erlebnis von vielen, schon vor dem Auftakt. Um das zu verdauen, Energie für die kommende Saison zu tanken, bleibt der Fernseher, wenn der deutsche Severin Freund heute zum Gesamtweltcup-Sieg ansetzt und die Kollegen um den Sieg springen, aus.