„Ich male keine Bauern, sondern Formen“
Das Klischee des als Bauernmaler etikettierten Künstlers Albin Egger-Lienz weiter aufweichen will eine Schau in Lienz. Die 3. „Totentanz“-Fassung bleibt Schloss Bruck als Leihgabe noch länger erhalten, zugesagt sind drei Jahre.
Von Claudia Funder
Lienz –Etwas gedulden müssen sich Kulturfreunde noch, bis Schloss Bruck am 22. Mai in die neue Ausstellungssaison startet. Dann aber wird unter anderem ein altbekannter Künstler, der hinter den dicken Schlossmauern quasi „daheim“ ist, mit neuer Konzeptionierung präsentiert: Albin Egger-Lienz (1868–1926).
Für die Zusammenstellung der Schau mit dem vielsagenden Titel „Ich male keine Bauern, sondern Formen“ konnte der Innsbrucker Kunsthistoriker Carl Kraus gewonnen werden, der schon 2001, 2002 und 2009 maßgeblich als Kurator auf Schloss Bruck tätig gewesen war.
Seit Herbst feilt der Egger-Lienz-Experte an der Neukonzeption. „Die Dauerausstellung wird modifiziert, verändert, aber nicht zur Gänze auf den Kopf gestellt“, stellt Carl Kraus im Gespräch mit der TT klar. „Einiges wird belassen, es fließen aber auch neue Erkenntnisse ein.“ Veränderte Nuancen und Schwerpunkte, aber auch so manche Überraschung seien zu erwarten, verrät der Kurator, der mit dem Egger-Lienz-Biografen Wilfried Kirschl befreundet war.
Und die Schau wird dazu beitragen, dass weiter mit der landläufigen Vorstellung aufgeräumt wird, die den Künstler ausschließlich in das ländliche Eck rückt – als Bauernmaler. „Es ist wichtig, das Klischee weiter aufzuweichen, da es nicht entspricht“, erklärt Kraus. Das Werk des Künstlers gehe weit über den Begriff „Heimatkunst“ hinaus, es sei „Kunst ohne Etikette“.
Kraus differenziert, ist nicht von allen Werken Eggers angetan. Gerade aber die Spätwerke wie etwa die „Pietà“ oder „Mütter“ seien von einer hohen Qualität und enormen Geistigkeit. Bei seinem Aufenthalt im holländischen Katwijk ereilte Egger-Lienz eine Faszination für Meer und Himmel, die die Werke dieser Zeit prägen. In Lienz ist etwa „Das Meer“ zu sehen, das Carl Kraus besonders schätzt.
Zu Unrecht häufig auf einen Bauernmaler mit lokaler Prägung reduziert, setzte sich Egger-Lienz einst selbst zur Wehr, als er deutlich klarstellte: „Ich male keine Bauern, sondern Formen. Wäre ich in Holland geboren, würde ich Fischer malen.“
Die Ausstellung in Lienz setzt sich auch mit der Herkunft und den Lebensstationen des Künstlers auseinander. „Im biografischen Teil wird ein Filmbeitrag von Wilfried Kirschl aus den 1970er-Jahren, aber auch Fotos zu sehen sein“, verrät Kraus. Präsentiert werden laut Kurator rund 80 Prozent der Egger-Lienz-Gemälde des Bestands von Schloss Bruck sowie eine Auswahl von Zeichnungen. Die „Kriegsfrauen“ wandern heuer allerdings in eine Ausstellung ins Ferdinandeum. „Wir bekommen im Gegenzug ein entsprechendes Werk dafür“, betont Kraus. Auch „Der Krieg“ geht auf Wanderschaft ins Trentino.
„In Italien, aber auch in Deutschland ist Albin Egger-Lienz kaum bekannt“, weiß Kraus. Etwas geändert habe sich dies erst durch die Ausstellungen im Gedenken an „100 Jahre 1. Weltkrieg“. Für die zahlreichen italienischen Gäste, die Schloss Bruck frequentieren, werde es sprachlich adaptierte Texte geben.
Nach der erfolgreichen „Totentanz“-Ausstellung im Vorjahr war eine der sechs gezeigten Versionen, nämlich die 1914 geschaffene dritte Fassung, im Herbst auf Schloss Bruck verblieben – zumindest vorübergehend. Ein Wasserschaden im Kärntner Landesmuseum, dem Leihgeber, hatte dazu beigetragen. Die Stadt Lienz nutzte die Chance und trat an Museumsdirektor Thomas Jerger heran. Ein Leihvertrag für ein Jahr wurde abgeschlossen.
Nun dürften Besucher von Schloss Bruck aber noch länger im Genuss des laut Carl Kraus „aussagekräftigen und herausragenden Werks“ bleiben: „Es gibt eine Zusage für weitere drei Jahre.“