Toleranzgespräche sollen Kärntner Ort als neuen „Denkraum“ etablieren
Wien/Fresach (APA) - Davos und Alpbach sollen Konkurrenz bekommen: Neben dem Schweizer Kurort und dem Tiroler Bergdorf soll künftig auch der...
Wien/Fresach (APA) - Davos und Alpbach sollen Konkurrenz bekommen: Neben dem Schweizer Kurort und dem Tiroler Bergdorf soll künftig auch der Kärntner Ort Fresach zum Zentrum der Reflexion über die Themen unserer Zeit werden. Mit den „Europäischen Toleranzgesprächen“, deren Programm die Initiatoren um den langjährigen SPÖ-Europaabgeordneten Hannes Swoboda am Mittwoch in Wien vorstellten, will man im Mai starten.
„Wie weit geht Toleranz? Wie weit geht Europa? Aufgaben von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft“ lautet das Thema, das in dem kleinen Dorf zwischen Ossiacher und Millstädter See von 21. bis 23. Mai in zahlreichen Vorträgen, Diskussionen, aber auch beim „Toleranzfrühstück“, beim „Networking am Dorfplatz“, beim Wandern oder bei Poesie und Musik von allen Seiten beleuchtet werden soll.
„Gott selbst hat die Vielfältigkeit geschaffen“, zitierte Swoboda, Kuratoriumspräsident des hinter der Initiative stehenden Vereins „Denk.Raum.Fresach“, einen islamischen Gelehrten. Vielen Menschen gehe im Lichte jüngster Ereignisse diese Vielfältigkeit aber zu weit. „Wir leben aber in dieser Vielfältigkeit - ob wir wollen oder nicht.“ Daher gelte es zu diskutieren „wie wir damit zum Wohle aller leben können“. Wobei Toleranz nicht als simple Duldung zu verstehen sei, sondern im Sinn von Respekt und Akzeptanz gegenüber unterschiedlichen Lebensformen.
„Schon Goethe hat gesagt: ‚Dulden heißt beleidigen‘“, ergänzte Michael Bünker, Bischof der Evangelischen Kirche A. B. in Österreich, und leitet daraus ab: „Toleranz ist notwendig, aber nicht genug.“ Gerade angesichts der zunehmenden religiös motivierten Radikalisierung brauche es „Mut und entschlossenes Auftreten für die, die am Rand stehen“.
Für die ersten Fresacher Toleranzgespräche - Sie sollen als jährliches Kommunikationsforum etabliert werden - haben rund zwanzig Experten ihre Teilnahme zugesagt, darunter die Nahost-Expertin Karin Kneissl, die Genderforscherin Claudia Brunner, der Schriftsteller Alois Brandstetter und Ex-Siemens-Chef Peter Löscher, aber auch Journalisten wie der frühere „Salzburger Nachrichten“-Chefredakteur Ronald Barazon. Den Ehrenschutz übernehmen Bundespräsident Heinz Fischer, EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), die auch in Fresach erwartet werden.
Ganz zufällig ist die Wahl auch nicht auf die kleine Gemeinde knapp außerhalb Villachs gefallen: Bischof Bünker erinnerte an die Bedeutung Fresachs für die evangelische Kirche als „Toleranzgemeinde“. Damit werden jene Gemeinden bezeichnet, die sich in Folge des Toleranzpatents von Joseph II. (1741-1790) gebildet hatten. In Fresach kämpfte die Bevölkerung über Jahrhunderte um Religionsfreiheit und Selbstbestimmung, ein Bethaus aus dem Jahr 1784 und das Evangelische Museum geben noch heute davon Zeugnis.
Die Finanzierung der Toleranzgespräche erfolge überwiegend aus privaten Mitgliedschaften und Sponsoring, betonten die Initiatoren, darunter auch PEN-Club-Präsident Helmuth Niederle und Alexander Loisel, Vorstandsmitglied des „Club Carinthia“.
( S E R V I C E: