Flüchtlinge dürfen nicht mehr in Schubhaft genommen werden
Als Grund gibt Österreichs Verwaltungsgericht an, dass im Fremdenpolizeigesetz nicht normiert ist, was unter Fluchtgefahr zu verstehen ist.
Wien - Flüchtlinge, die gemäß dem sogenannten Dublin III-Abkommen Österreich verlassen sollen, dürfen (vorerst) nicht mehr in Schubhaft genommen werden. Das hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden. Als Grund geben die Richter an, dass im österreichischen Fremdenpolizeigesetz nicht normiert ist, was unter Fluchtgefahr zu verstehen ist.
Das Dublin III-Abkommen regelt die Zuständigkeit von Staaten für Asylverfahren. Grundsätzlich ist jenes Land zuständig, in dem der Flüchtling erstmals registriert wurde.
Im gegenständlichen Fall hatte sich ein Bürger Eritreas, für den Italien zuständig ist, an den VwGH gewandt, um gegen die über ihn verhängte Schubhaft zu protestieren. Das Bundesverwaltungsgericht hatte davor sein Ansinnen als unbegründet zurückgewiesen.
Das Dublin III-Abkommen ermöglicht den Mitgliedsstaaten an sich sehr wohl, eine Person zwecks Sicherstellung des Überstellungsverfahrens nach einer Einzelfallprüfung in Haft zu nehmen. Allerdings muss dafür erhebliche Fluchtgefahr herrschen und müssen weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anzuwenden sein. Im Fall des Eritreers war die Fluchtgefahr angenommen worden, da dieser die Weiterreise zu einem Verwandten nach Deutschland angestrebt hatte.
Der Verwaltungsgerichtshof stellte nun aber klar, dass das Fremdenpolizeigesetz in Bezug auf die in diesem Fall anzuwendenden Schubhafttatbestände nicht mit dem Unionsrecht im Einklang steht, weil es keine gesetzliche Umschreibung der Kriterien für die Annahme von „Fluchtgefahr“ enthält. Solange diese gesetzliche Lücke nicht geschlossen ist, kommt die Verhängung der Schubhaft gegen Fremde, die sich in einem Verfahren nach der Dublin III-Verordnung befinden, zur Sicherstellung der Abschiebung nicht in Betracht.
Innenministerium reagiert
Allerdings hat das Innenministerium ohnehin schon im Vorfeld auf diverse Höchstgerichtsurteile reagiert und plant beim derzeit in Begutachtung befindlichen Fremdenrechtspaket diverse Änderungen in Sachen Schubhaft. Enthalten sind auch Vorschläge für eine gesetzliche Umschreibung der „Fluchtgefahr“ in Schubhaftfällen. (APA)