Wahlsieger Netanyahu kündigte schnelle Regierungsbildung in Israel an
Jerusalem (APA/AFP/dpa/Reuters) - Nach seinem überraschend deutlichen Wahlsieg hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu eine...
Jerusalem (APA/AFP/dpa/Reuters) - Nach seinem überraschend deutlichen Wahlsieg hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu eine schnelle Regierungsbildung angekündigt. Innerhalb von zwei bis drei Wochen solle die neue Koalition stehen, kündigte Netanyahus Likud am Mittwoch an. Bei der Parlamentswahl am Dienstag hatte die konservative Partei nach Auszählung fast aller Stimmen 30 der 120 Mandate errungen.
Der Likud ließ damit das Mitte-Links-Bündnis Zionistische Union, das auf 24 Sitze kam, klar hinter sich. „Der Ministerpräsident beginnt sofort mit der Regierungsbildung und beabsichtigt, dies innerhalb von zwei bis drei Wochen zu schaffen“, teilte seine Partei mit. Mit der Siedlerpartei „Jüdisches Heim“, der Partei Kulanu von Moshe Kahlon und ultraorthodoxen Gruppen gebe es bereits Gespräche.
Nach Auszählung fast aller Stimmen kam der Likud auf 23,3 Prozent, das Mitte-Links-Bündnis Zionistische Union auf 18,7 Prozent. Drittstärkste Partei wurde die Vereinigte Liste der arabischen Parteien mit fast elf Prozent, die 14 Mandate erbrachten.
Der Block aus Rechten und Religiösen kam demnach gemeinsam auf 57 Sitze. Auf das „Jüdische Heim“ (HaBayit HaYehudi) entfielen nach dem vorläufigen Auszählungsstand acht, auf „Unser Haus Israel“ (Yisrael Beitenu) sechs und auf die ultraorthodoxen Parteien Shas und Vereinigtes Torah-Judentum sieben beziehungsweise sechs Sitze. Die zentristische Liste Kulanu, der die Rolle des Züngleins an der Waage zufällt, errang demnach zehn Mandate, die liberale Zukunftspartei elf. Ganz knapp kam auch die linke Meretz mit vier Sitzen in die Knesset. Die Wahlbeteiligung lag mit mehr als 70 Prozent so hoch wie noch nie seit 1999.
Prognosen nach Schließung der Wahllokale hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Likud und Zionistischer Union vorhergesagt, doch im Laufe der Nacht schlug das Pendel zugunsten von Netanyahu aus. Vor jubelnden Anhängern sagte der Premier in Tel Aviv, die Wahl sei „entgegen allen Erwartungen“ mit einem Sieg für das „nationale Lager unter der Führung des Likud“ ausgegangen.
Oppositionsführer Isaac (Yitzhak) Herzog räumte seine Niederlage ein und gratulierte Netanyahu zum Sieg. Der Chef der linken Arbeitspartei antwortete ausweichend auf die Frage, ob eine Einheitsregierung unter Einbeziehung der Zionistischen Union möglich sei. „Jetzt ist nicht die Zeit, über Koalitionen zu sprechen“, erklärte Herzog. Er werde das Bündnis mit der liberalen Spitzenpolitikerin Tzipi Livni aber als Fraktion fortsetzen.
Eine wichtige Rolle spielt nun der Likud-Abweichler und Kulanu-Gründer Kahlon. Er kontaktierte seinem Sprecher zufolge bereits Netanyahu und Herzog, wollte seine Entscheidung aber „erst auf Basis des Endergebnisses treffen“.
Die Palästinenser äußerten Besorgnis über den Wahlausgang in Israel. Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat sagte am Mittwoch, er sehe keine Chance für neue Friedensverhandlungen mit der künftigen Regierung. Netanyahu habe vor seiner Wahl gesagt, dass er gegen einen palästinensischen Staat und für mehr Siedlungsbau sei, sagte Erekat dem palästinensischen Rundfunk. Da Netanyahu die neue Regierung bilden werde, sei „sehr klar, dass es in Israel keinen Partner für den Friedensprozess gibt“.
Die Europäische Union beglückwünschte Netanyahu und forderte ihn zugleich auf, den Friedensprozess wieder anzustoßen. Der israelische Regierungschef war noch kurz vor der Wahl politisch deutlich nach rechts gerückt. Es werde keinen Palästinenserstaat geben, solange er Regierungschef sei, hatte er am Montag der Nachrichtenseite „NRG“ bestätigt.
Mit einer vierten Amtszeit würde Netanyahu der am längsten amtierende Regierungschef Israels. Im Wahlkampf nahm er mit seinen Aussagen eine weitere Verschlechterung der Beziehungen zu den USA und zur EU in Kauf. Die Regierung in Washington, der engste Verbündete Israels, und die EU fordern eine Zwei-Staaten-Lösung, die den Nahost-Konflikt durch einen eigenen Staat für die Palästinenser im Westjordanland, Gazastreifen und in Ostjerusalem befrieden soll.
(Grafik 0340-15, Format 88 x 115 mm)