Piloten-Streik bei der Lufthansa - die Akteure und Leidtragenden
Frankfurt (APA/dpa) - Schon fast eine Million Passagiere haben unter den Pilotenstreiks bei der Lufthansa gelitten. Auch mitten in der zwölf...
Frankfurt (APA/dpa) - Schon fast eine Million Passagiere haben unter den Pilotenstreiks bei der Lufthansa gelitten. Auch mitten in der zwölften Streikwelle ist kein Ende des Konflikts in Sicht.
Mit zunehmender Härte wird der Tarifkonflikt zwischen der Lufthansa und ihren Piloten ausgetragen. In der Auseinandersetzung sind die Interessen ganz unterschiedlicher Gruppen berührt, die hier vorgestellt werden.
DIE PILOTEN kämpfen entschlossen um ihre bisherigen Besitzstände. Trotz internationaler Spitzeneinkommen wollen sie nicht auf weitere Gehaltssteigerungen, Betriebspensionen oder das Privileg verzichten, mehr oder weniger selbst über den Zeitpunkt ihres Berufsendes zu entscheiden. Zudem wollen sie ein gewichtiges Wort über die künftige Unternehmensstrategie mitsprechen. Sie bezweifeln, dass die neue Billigsparte unter dem Dach „Eurowings“ tatsächlich nachhaltige Gewinne bringen kann und wollen verhindern, dass immer mehr Piloten zu niedrigeren Gehältern im Lufthansa-Konzern beschäftigt werden.
DAS LUFTHANSA-MANAGEMENT will den Konzernumbau vorantreiben. Man habe die Wahl zwischen neuen Perspektiven und überkommenen alten Privilegien, erklärt der Lufthansa-Chef Carsten Spohr bei jeder Gelegenheit. Er gibt sich entschlossen, den Wettbewerb mit den europäischen Billigfliegern und arabischen Staats-Airlines aufzunehmen und treibt die Gründung neuer Billigangebote voran. Den arrivierten Piloten droht er damit, ihren Bereich zu schrumpfen, wenn die Kostennachteile nicht beseitigt werden. Umgekehrt könne es bei günstigeren Kosten auch wieder Wachstum beim Kernunternehmen Lufthansa Passage geben.
DIE PASSAGIERE sind im Streikfall immer die Leidtragenden. Allerdings können sie auf vielfältige Unterstützung durch das mittlerweile sehr erfahrene Lufthansa-Streikmanagement hoffen. Für innerdeutsche Verbindungen können die Tickets problemlos auf die Bahn umgebucht werden - online, am Schalter oder am Automaten. Falls passende Verbindungen vorhanden sind, bucht Lufthansa ihre Gäste auch auf andere Flugzeuge um - am liebsten auf die aus dem eigenen Konzern, dann auf solche aus dem Airline-Bündnis Star Alliance und schließlich auch auf Maschinen der Konkurrenz.
DIE KONKURRENZ kann seelenruhig mitansehen, wie Lufthansa ihren über Jahrzehnte erworbenen Nimbus der Zuverlässigkeit Stück für Stück verliert. Die Billigflieger haben Deutschland zum wichtigsten Wachstumsmarkt in Europa erkoren. Ryanair und Easyjet bauen ihre Angebote von wichtigen deutschen Flughäfen wie Berlin, Hamburg und Köln aus, wo Lufthansa abseits ihrer Drehkreuze Frankfurt und München vergleichsweise wenig zu bieten hat. Eine ähnliche Strategie bei allerdings beschränkten Start- und Landerechten verfolgen arabische Airlines, die mit immer größerem Fluggerät wie dem Airbus A380 verstärkt Fluggäste auf ihre Drehkreuze am Persischen Golf locken.
DIE FLUGHAFENBETREIBER verlieren bei den Streiks regelmäßig Einnahmen. Zum einen müssen die Gesellschaften für ausgefallene Flüge weder Start- und Landegebühren zahlen noch Dienstleistungen am Boden in Anspruch nehmen. Zum anderen fehlen die Gäste in den Shopping-Malls, eine für die größeren Flughäfen sehr wichtige Einnahmequelle.
DIE LUFTHANSA-EIGNER gehören im Moment sicher zu den Leidtragenden. Die Piloten-Streiks haben das Unternehmen bisher rund 220 Mio. Euro gekostet und damit auch einen guten Teil dazu beigetragen, dass der Gewinn nach deutscher HGB-Rechnungslegung deutlich ins Minus rutschte und daraufhin die Dividende gestrichen wurde. Auch beim Aktienkurs schauen Lufthansa-Eigner aktuell in die Röhre: Während der Spitzen-Index Dax in diesem Jahr bereits um gut 22 Prozent zulegte, verlor ihr Papier rund 4 Prozent. Besserung ist kaum in Sicht.
~ ISIN DE0008232125 WEB http://www.lufthansa.com/ ~ APA426 2015-03-18/15:23