Einigung erzielt: Neues UN-Rahmenwerk zur Katastrophenvorsorge
Sendai (APA/dpa) - Es war wie ein Warnschuss vor den Bug. Kaum hatten sich im internationalen Konferenzzentrum der japanischen Stadt Sendai ...
Sendai (APA/dpa) - Es war wie ein Warnschuss vor den Bug. Kaum hatten sich im internationalen Konferenzzentrum der japanischen Stadt Sendai Tausende von Delegierten aus aller Welt versammelt, um ein neues UN-Rahmenwerk zur Vorsorge gegen Naturkatastrophen zu verhandeln, zog der Zyklon „Pam“ über den südpazifischen Inselstaat Vanuatu.
Auf grausige Weise wurde in Sendai noch einmal deutlich gemacht, wie wichtig ein gemeinsames Vorgehen ist. Doch einfach war das nicht. Die Verhandlungen waren extrem schwierig. Sie entwickelten sich zu einer Marathonsitzung. Die ganze Nacht zum Mittwoch rangen die Delegierten um das Abschlussdokument - ohne Ergebnis. Bis spätestens zum Mittag sollte dann eine Einigung stehen, doch wieder nichts. Das Ringen ging weiter. Vertreter von Hilfsorganisationen fürchteten zwischenzeitlich gar, die Konferenz könnte selbst in einer Katastrophe enden.
Erst spät am Abend dann die erlösende Nachricht, es sei eine Einigung erzielt worden. Herausgekommen ist ein neues Rahmenwerk, angelegt auf 15 Jahre. Erstmals sind darin klare Ziele aufgeführt. So sollen die Zahl der Todesopfer von Naturkatastrophen sowie die wirtschaftlichen Verluste bis 2030 weltweit „substanziell“ gesenkt werden. Zudem soll die Zahl der Staaten mit Frühwarnsystemen und Strategien zur Risikovorsorge erhöht werden. Solche klaren Zielvorgaben hatte es im vorherigen Rahmenwerk, dem „Hyogo Framework for Action“, so nicht gegeben. Kritikern ging das jedoch längst nicht weit genug.
Weniger entwickelte Staaten hatten zum Beispiel auf stärkere Verpflichtungen der internationalen Gemeinschaft zu finanziellen Zusagen gedrängt. Auch in punkto Klimawandel gab es Kritik. Zwar wird in dem neuen Rahmenwerk der Klimawandel als einer der treibenden Risikofaktoren anerkannt. So hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gleich zum Auftakt gesagt: „Der Klimawandel intensiviert die Risiken für Hunderte Millionen von Menschen“. Doch konkrete Maßnahmen oder Zusagen gab es am Ende in diesem Punkt nicht. Ähnlich verhielt es sich in der Frage von Technologietransfers. Auch hier gab es keine konkreten Zusagen. Aber all das, so die Gegenseite, sei von vornherein auch gar nicht Ziel der Verhandlungen in Sendai gewesen.
Das nun beschlossene neue Rahmenwerk sei vielmehr nur der Auftakt zu einer Reihe globaler Weichenstellungen für die Klima- und Entwicklungspolitik in diesem Jahr gewesen, darunter der Weltklimagipfel Ende des Jahres in Paris. Finanzierungsfragen und andere Themen, die manche Delegierten gegen Ende der fünftägigen Verhandlungen in Sendai noch mit in das Rahmenwerk aufgenommen wissen wollten, werden erst bei diesen noch anstehenden Treffen in anderem Rahmen behandelt. Es sei versucht worden, die Verhandlungen in Sendai zu „politisieren“, hieß es aus Delegationskreisen.
Was die Verhandlungen am Ende so dermaßen in die Länge zog, waren denn auch alt bekannte Konfliktlinien, die schon zuvor immer wieder aufgetreten waren. Man habe den Prozess am Ende erst wieder „entpolitisieren“ müssen, hieß es. Dennoch: Was am Ende herauskam, biete allen Staaten nun eine Handlungsgrundlage, um Risiken zu reduzieren und neue Gefahren zu vermindern sowie die Widerstandsfähigkeit von Menschen und Institutionen gegenüber Naturkatastrophen zu erhöhen, äußerte sich die deutschen Delegation in Sendai positiv über das neue Rahmenwerk.
Den Opfern des Zyklons „Pam“ im südpazifischen Inselstaat Vanuatu hilft dies nicht. Aber die Welt kommt jetzt vielleicht einen Schritt weiter, sich künftig besser gegen solche Katastrophen zu schützen. Die Zeit drängt. Denn über eines waren sich alle Delegierten in Sendai einig: Die Anzahl und Heftigkeit von Naturkatastrophen nimmt auf der Welt immer weiter zu. „Pam“ war eine deutliche Warnung.
~ WEB http://www.un.org/en/ ~ APA513 2015-03-18/17:28