Stichwort - Chefsache Griechenland

Athen/Brüssel (APA/AFP) - Obwohl nicht offiziell auf der Tagesordnung, ist der Schuldenstreit mit Griechenland erneut dominierendes Thema be...

Athen/Brüssel (APA/AFP) - Obwohl nicht offiziell auf der Tagesordnung, ist der Schuldenstreit mit Griechenland erneut dominierendes Thema beim EU-Gipfel. Am Ende des ersten Gipfeltages am Donnerstagabend findet ein Spitzentreffen mit den Hauptprotagonisten der Krise statt, das wieder Schwung in die festgefahrenen Verhandlungen um die Reformverpflichtungen Athens bringen soll. Ein Überblick über die Teilnehmer:

Alexis Tsipras, griechischer Ministerpräsident:

Der Chef des Linksbündnisses Syriza pokert in der Schuldenkrise mit hohem Einsatz, auch wenn er die Niederungen der täglichen Verhandlungen seinem Finanzminister Giannis Varoufakis überlässt. Den stoppte Tsipras schon mal per Telefon, wenn ihm die Bedingungen im Tauziehen mit den Eurostaaten nicht passten. Im Streit um Reparationsforderungen zur Nazi-Zeit ließ er seinen Justizminister mit der Pfändung deutschen Staatseigentums drohen. Schon lange will er die griechische Krise zur „Chefsache“ machen - mit dem „Mini-Gipfel“ am Donnerstag hat er da zumindest einen Punktsieg erzielt.

Angela Merkel, deutsche Bundeskanzlerin:

Sie ist die Hauptgläubigerin Griechenlands. Geht das Land in den Staatsbankrott, muss sie für den deutschen Steuerzahler wohl rund 60 Milliarden Euro abschreiben - laut Ifo-Institut könnten es sogar bis zu 86 Milliarden Euro sein. Anders als Finanzminister Wolfgang Schäuble, für den Athen jedes Vertrauen verspielt hat und der ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone nicht ausschließt, schlägt die Kanzlerin bisher moderatere Töne an. Am Dienstag sagte sie vor Unionsabgeordneten, Deutschland dürfe nichts unversucht lassen, um Fortschritte zu erzielen.

Francois Hollande, französischer Präsident:

Sein Land wäre nach Deutschland am zweitstärksten getroffen, wenn Griechenland den Offenbarungseid leisten müsste. Der Sozialist hat dabei selbst massive finanzielle Probleme und bekam gerade von der EU-Kommission nochmals zwei Jahre mehr Zeit, um die Defizitziele der EU zu erfüllen. Im Gegenzug wurde er aber zum Sparen verdonnert.

Jean-Claude Juncker, EU-Kommissionspräsident:

Er hat als langjähriger Chef der Eurogruppe Griechenland seit Beginn der Krise vor fünf Jahren schon mehrfach gerettet. Der Luxemburger Europa-Veteran schließt einen „Grexit“ kategorisch aus und sieht sich als Kommissionschef als Vermittler. Zu den Turbulenzen der vergangenen Woche hat er aber wohl ein Stück beigetragen, weil Juncker den Griechen das Gefühl gab, sie könnten über ihn verhandeln. Zuständig ist aber die Eurogruppe, in dem die Staaten der Währungsunion vertreten sind.

Donald Tusk, EU-Ratspräsident:

Er organisiert die Gipfel der Staats- und Regierungschefs und ließ sich von Tsipras überzeugen, den „Mini-Gipfel“ zu Griechenland am Donnerstagabend einzuberufen. Der Pole warnte diese Woche vor einem Ausscheiden Athens aus der Eurozone und forderte alle Akteure dazu auf, einander in Würde und Achtung zu begegnen. Direkt mit der Griechenland-Rettung hat er aber nichts zu tun. Das ist Sache von Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem.

Jeroen Dijsselbloem, Vorsitzender der Eurogruppe:

Der niederländische Finanzminister machte zu Beginn der Verhandlungen mit der neuen griechischen Regierung eine etwas unglückliche Figur. Erst verkündete er eine Einigung bei einem Treffen der Euro-Finanzminister, die Athen dann noch platzen ließ, dann schien er zeitweise der EU-Kommission das Feld zu überlassen. Inzwischen hat er das Heft des Handelns fest in die Hand genommen und zeigt sich wie Schäuble zunehmend ungeduldig mit Athen. „Wir verlieren zu viel Zeit“, sagte er vergangene Woche. „Die Uhr tickt.“

Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB):

Der Italiener, dessen Heimat selbst ein massives Verschuldungsproblem hat, setzte in den vergangenen Wochen den Griechen die Daumenschrauben an. Seit Mitte Februar akzeptiert die EZB keine griechischen Staatsanleihen mehr im Gegenzug für frische Euro. Nur über ein Notprogramm bekommen die griechischen Banken noch Geld. Wird auch dieses eingestellt, fliegt Griechenland aus der Währungsunion.